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Das Pantheon kostet seit Neuestem Eintritt
Aus Kultur-Aktualität vom 07.07.2023. Bild: IMAGO / imagebroker
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Rom: Streit um Eintrittsgeld Für das Pantheon braucht man neuerdings Tickets – ein Sakrileg?

Millionen Touristen und Gläubige besuchen jährlich den antiken Kuppelbau in Rom. Nun ist Schluss mit gratis. Kritikerinnen befürchten eine «Total-Kommerzialisierung» ihrer Stadt.

Italiens strammrechter Kulturminister Gennaro Sangiuliano, ein ehemaliger Journalist des Staatsfernsehens RAI, versteht sich als kulturpolitischer Revolutionär. Und so verkündete er das neue Eintrittsticket in den römischen Pantheontempel als «Revolution». Fünf Euro kostet es pro Person.

Das Eintrittsgeld für den am besten erhaltenen antiken Tempel mit der grössten erhaltenen Kuppel aus der Zeit der alten Römer stösst auf viel Kritik: unter Touristinnen, Reiseveranstaltern, Kunsthistorikerinnen und Bürgern.

«Total-Kommerzialisierung» italienischer Kulturgüter?

Eine vierköpfige Familie muss, wenn sie an einem Tag in Rom verschiedene Museen und archäologische Grabungsstätten besuchen will, tief in den Geldbeutel greifen. Ganz zu schweigen von den hohen Übernachtungs- und Verpflegungskosten. Bis zu 120 Franken pro Tag soll eine solche Familie für Eintritte einkalkulieren, wie ein Hotelierverband berechnete. Bei einem durchschnittlich viertägigen Besuch Roms geht das ins Geld.

Ein mittelalter rundlicher Mann mit Halbglatze und dickwandiger Rundbrille steht neben einem Schild vor einer Kirche.
Legende: Ihr Ticket, bitte! Italiens Kulturminister Gennaro Sangiuliano geriert sich vor dem Pantheon als Hüter des Tempels. Imago / Zuma Presse / Fabio Frustaci

Deshalb protestieren Reiseunternehmen gegen dieses neue Eintrittsgeld. Wie auch Italiens Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker befürchten sie eine «Total-Kommerzialisierung der italienischen Kulturgüter», so die römische Kunsthistorikerin Roberta Bernabei.

Viele ihrer Kolleginnen und Kollegen fordern sogar freien Eintritt in Museen und archäologische Grabungen, um möglichst viele Menschen gratis an die Kultur heranzuführen. Aber der kulturpolitische Trend geht in eine andere Richtung.

Geld für den Staat, die Kommune und die Kirche

Italiens Kulturminister wehrt sich gegen den Vorwurf, Kulturgüter würden kommerzialisiert. In einem Fernsehinterview erklärte er, die Einnahmen aus dem Besuch des Pantheons gingen an sein Ministerium, die Stadt und die Diözese Rom. Sie würden vor allem dem Erhalt des Bauwerks dienen. Dass die Diözese mitverdient, erklärt sich aus dem Umstand, dass das Pantheon seit dem frühen 7. Jahrhundert eine katholische Kirche ist.

Ein junges Pärchen – Frau und Mann – halten strahlend eine Eintrittskarte in die Kamera.
Legende: Ohne Ticket kommt niemand mehr ins Pantheon: für die einen die Fortsetzung des Ablasshandels, für die Kirche und die Stadt eine willkommene Einnahmequelle. Imago / Zuma Presse / Fabio Frustaci

Gleich am ersten Tag des neuen Eintrittstickets für die Kirche Pantheon wurden rund 22’000 Franken eingenommen. Kein Wunder, dass deshalb – allerdings hinter vorgehaltener Hand – in der Diözese über Eintrittsgelder auch für andere berühmte Basiliken der Ewigen Stadt diskutiert wird. Denn auch sie werden jährlich von Hunderttausenden von Touristen besucht. Eine nicht unerhebliche neue Einnahmequelle würde sich für die katholische Kirche Roms auftun.

Vorbild Venedig? Rom schielt auf die Lagunenstadt

In Venedig müssen Touristen bereits seit Jahren für den Besuch der wichtigsten Kirchen der Stadt zahlen. Warum nicht auch in Rom oder Florenz? Das fragen sich immer mehr Kulturpolitiker – und auch die katholische Kirche.

Historisches Gemälde eines Tempels mit einer imposanten Rundkuppel und antiker Säulenhalle im Eingangsbereich.
Legende: Antike Ingenieurskunst: Bis ins 19. Jahrhundert war die 43,3 Meter weite Kuppel des Pantheons die grösste der Welt. Imago / Album / State Hermitage, St. Petersburg

Wie in Venedig dürfen auch in Rom Einheimische und Gläubige umsonst in das Pantheon. Dafür muss man allerdings glaubhaft nachweisen, dass man römischer Bürger oder praktizierender Katholik ist.

Im ersten Fall reicht das Vorzeigen eines Ausweisdokuments. Im zweiten Fall wird es schwierig. Da schon am ersten Tag mit Eintrittsticket einige Touristen in diesem Sinn tricksen wollten, ist das Personal am Eingang ins Pantheon sehr skeptisch gegenüber vermeintlich Gläubigen.

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Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 7.7.2023, 7:06 Uhr

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