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Schweizer Bahnhofsuhr Die SBB-Uhr gibt seit 80 Jahren den Takt an – auch beim Design

Helvetisch, praktisch, gut: Die SBB-Bahnhofsuhr hat absoluten Kultstatus. Über die Geschichte einer Schweizer Schönheit mit wahnsinnigem Wiedererkennungswert.

Die Schweizer Bahnhofsuhr ist eine technische und gestalterische Meisterleistung. «Die Uhr ist sehr minimal gehalten und hat einen wahnsinnigen Wiedererkennungswert und das zeichnet sie als sehr gutes Design aus», sagt Isabel Bitterli von SBB Historic. Die Stiftung kümmert sich um das historische Erbe der SBB.

Bis in die 1940er-Jahre hingen in den Schweizer Bahnhöfen die unterschiedlichsten Uhren. Problematisch war auch, dass sie nicht alle die gleiche Zeit anzeigten.

Deshalb gab die SBB einem ihrer Mitarbeiter den Auftrag, das zu ändern: Der Elektroingenieur Hans Hilfiker erfand in Zusammenarbeit mit der renommierten Uhrenfirma Moser-Baer aus Sumiswald (BE) die Bahnhofsuhr neu.  

Was ist der Minutensprung?

Statt einzelne Uhren zu installieren, brachten sie ganze Uhrenanlagen an – immer in Hilfikers neuem, klaren Design. Pro Bahnhof gab und gibt es eine Hauptuhr, die den Takt angab sowie mehrere Nebenuhren. Von der Hauptuhr erhalten die Nebenuhren, die allein nicht laufen würden, einmal pro Minute einen elektrischen Impuls, der die Zeiger vorwärts bewegt – im sogenannten Minutensprung.

Mann überprüft mehrere Uhren in einer Werkstatt.
Legende: Uhren über Uhren: Ein Mitarbeiter der EWZ (Elektrizitätswerke der Stadt Zürich) an einem Prüfgestell für Haupt- und Nebenuhren (1990). KEYSTONE/Walter Bieri

Aber es gab da noch ein Problem: Die Uhren hatten keinen Sekundenzeiger, das war für solche Anlagen einfach noch nicht erfunden. Hans Hilfiker selbst beschrieb es damals in einem Fachartikel so: «Wer auf dem Bahnsteig nicht Augenzeuge des Minutensprungs war, kann nicht wissen, ob sich der Zug in fünf oder in 55 Sekunden in Bewegung setzen wird. Und doch sollte in der letzten Minute so vieles geschehen, dass sich richtiger, zielsicherer und ruhiger abspielt.»

Mann in Anzug in einem Ausstellungsraum mit einer Uhr an der Wand.
Legende: Der Meister vor seinem Meisterwerk: Hans Hilfiker. ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/Marcel Vogt

Die Lösung war ein extra Motor für den Sekundenzeiger. Doch da war schon das nächste Problem: Motoren laufen leider nicht immer exakt gleich.

Der Trick mit dem Sekundenzeiger

Der findige Ingenieur Hilfiker aber wusste einen Trick: Er liess die Motoren einfach ein wenig schneller laufen. Die Sekundenzeiger machen eine Umdrehung in gut 58 Sekunden. Dafür bleiben sie dann einen Moment stehen. Die etwas schnelleren Zeiger warten auf die etwas langsameren. Dann starten alle wieder synchron.

Auch diese Besonderheit hat wohl zum Kultstatus der Schweizer Bahnhofsuhr beigetragen, sagt Isabelle Bitterli: «Das wäre jetzt natürlich technisch absolut lösbar, aber da es fast eine Art Markenzeichen ist, hat man das beibehalten.»

Schweizerischer geht’s kaum

Seit acht Jahrzehnten schön und gut: Die SBB Uhr bot damals schon das, was man heute als nachhaltiges Design bezeichnet. Dazu passt, dass Hans Hilfiker schon früh für Nachhaltigkeit einstand. Auch wenn es den Begriff damals so noch gar nicht unbedingt gab.

«Obschon die Beseitigung dessen, was unsere Konsumgesellschaft übriglässt, bereits zum brennenden Problem geworden ist, hält die Bewegung an, Gebrauchsgüter zu den Verbrauchsgütern umzusiedeln», sagte er.

Nicht wegzudenken

Hilfikers Uhr aber ist kein Wegwerfartikel: Sie hat sich als zeitlos erwiesen. Ein zentrales Element im Erscheinungsbild der SBB. Mehr noch: ein Sinnbild für so gut helvetische Tugenden wie Präzision, Beständigkeit und Schnörkellosigkeit.

«Ich denke nicht, dass die jemals von den Bahnhöfen verschwinden wird. Sie wird immer in dieser Form zu sehen sein», sagt Bitterli. Das würde Hans Hilfiker sicher gefallen.

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Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 27.8.2024, 17:20 Uhr ; 

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