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Das «Republik»-Feuilleton unter der Lupe
Aus Kultur-Aktualität vom 16.01.2019. Bild: Keystone
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Seitenblick Was taugt das Feuilleton der «Republik»?

Vor einem Jahr startete das Onlinemagazin «Republik» – und erhielt viel Aufmerksamkeit. In den letzten Monaten hat das Medium nicht nur personell aufgestockt, sondern auch in den Kulturjournalismus investiert.

Seit September leistet sich die «Republik» ein Feuilleton, das täglich mindestens einen Beitrag liefert. Lohnt sich die Lektüre? Eine kritische Bilanz – in Frageform.

Welche Artikel stechen heraus? «Aufstand der Peripherie» von Daniel Binswanger: eine so profunde wie erhellende Analyse der «Gilets jaunes»-Bewegung in Frankreich. Sehr lesenswert war auch das grosse zweiteilige Gespräch zum selben Thema mit drei französischen Links-Intellektuellen.

Politisches Feuilleton – ist das die Stossrichtung? Eigentlich gerade nicht. Die Redaktion hat zum Start ein «Antimanifest» veröffentlicht. Darin spricht sie sich ausdrücklich gegen das typische Polit-Debatten-Feuilleton aus, wie es in vielen deutschen Blättern oder in der NZZ zelebriert wird. Der «Republik» schwebt ein klassisches Feuilleton vor – mit essayistischen Texten und gehaltvollen Besprechungen. Die Redaktion will nicht zuletzt die gute alte Kritik wiederbeleben.

Wurde dieser Anspruch eingelöst? Zum Teil. Buch-, Theater-, Kunst- und Musikkritiken haben viel Raum erhalten. Es gab auch mal einen Verriss – etwa des neuen Romans von Michel Houellebecq. Allerdings ist nicht immer ganz nachvollziehbar, warum gerade dieses oder jenes besprochen wird. Die Redaktion scheint oft nach dem Lustprinzip auszuwählen. Das ist kein schlechter Weg, gerade bei einer kleinen Redaktion mit geringem Budget – aber man darf es dann auch zugeben.

Wie aufregend ist das «Republik»-Feuilleton? Es gibt spannende Ansätze. Einerseits thematisch: Im Dezember erschien eine Rezension des angeblich profitabelsten Computerspiels der Welt. Das war nicht nur eine Besprechung, es war auch ein Hintergrundbeitrag zur Games-Industrie. Auch formal hat die Redaktion immer wieder etwas ausprobiert. Zum Beispiel Podcasts über historische, aber auch zeitgenössische Musik. Und es gibt einen Buchclub, der regelmässig stattfindet – sowohl online als auch offline.

Wo ist noch Luft nach oben? Weniger bei der Kulturkritik als bei der Recherche. Dort liegt die echte Marktlücke im Kulturjournalismus. Gerade in der Schweiz. Wo sind die grossen Recherchen zu kulturpolitischen oder kulturökonomischen Themen – etwa zu den Mechanismen des Klassik-Business? Aber das scheint nicht zum Konzept des Republik-Feuilletons zu gehören. So oder so: Es wäre dem Feuilleton zu wünschen, dass es sich noch weiterentwickeln kann.

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