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Die 26jährige Spanierin Núria und Nina Brunner gehen durch eine Gasse in Vilassar de Mar.
Legende: Mit Núria (links) unterwegs in den Gassen von Vilassar de Mar. Kulturplatz

Spaniens verlorene Generation Tag 1: Auf nach Barcelona!

Kaum in Barcelona angekommen, tauchen wir ein in das Leben vor Ort: Ich besuche die 26jährige Núria, die sich das Leben in der Stadt nicht mehr leisten kann – und wieder bei ihren Eltern wohnt.

Nina Brunner

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Sieben Tage lang war die «Kulturplatz»-Redaktorin Nina Brunner in Spanien unterwegs. In ihrem Reisetagebuch hat sie bewegende Momente und Begegnungen festgehalten und schreibt hier aus persönlicher Sicht über Spaniens «verlorene Generation».

Endlich rollt unser Nachtzug in Barcelona ein, ins Herz der Hauptstadt Kataloniens. Vor uns liegen sieben Tage, in denen wir unserer Generation – irgendwo zwischen Ausbildungsende und Familienplanung – den Puls fühlen wollen.

Als erstes fahren wir in den Vorort Vilassar de Mar, wo ich mit Núria verabredet bin. Die studierte Übersetzerin hatte einen guten Start ins Berufsleben, konnte sich zeitweise vor Aufträgen kaum retten. Seit letztem Sommer aber geht's bergab. Anfragen bleiben aus, die Bezahlung der wenigen Jobs wird schlechter.

Zur Passivität gezwungen

Núria ist 26 Jahre alt und kann sich das Leben in der Stadt nicht mehr leisten. Also zurück ins Dorf ihrer Kindheit, zurück in die Wohnung der Eltern.

Während der Interviews wirkt sie optimistisch. Erst als wir die Kameras ausmachen, erzählt Núria, wie sehr sie hadert. Täglich schickt sie Bewerbungen raus, lernt Arabisch, versucht nicht aufzugeben. Sie sei stets ein aktiver Mensch gewesen. Doch nun werde sie in eine Art Passivität gezwungen, die ihr auf die Seele drücke, was sie ihren Eltern und Freunden nicht zeigen will. Wenn sich nicht bald etwas ergibt, will sie im Ausland einen Job suchen. Gemeinsam mit ihrem Freund, dessen Stelle soeben gestrichen wurde.

Núrias Eltern bewirten uns herzlich und versprühen spanische Lebensfreude. Die beiden Lehrer müssen selber Lohnkürzungen hinnehmen und wünschen den Kindern, die eigentlich längst flügge sind, finanzielle Unabhängigkeit. Bis dahin rückt die Familie wörtlich zusammen. 

Selbstversorgung wird zur Notwendigkeit

Auch der Gemüsegarten habe eine neue, wichtige Rolle bekommen. Selbstversorgung nicht als Ideologie, sondern als Notwendigkeit. Núrias Vater gibt mir einige Pimiento-Kerne mit auf den Weg. Ich bin gespannt, ob ich nächsten Sommer in Zürich grüne Schoten ernte.

Wir – die «Kulturplatz»-Redakteure Julia und Nino, Kameramann Raphael und Tontechniker Armando und ich – fahren müde und etwas aufgewühlt zurück nach Barcelona. Wie wäre es für uns, plötzlich wieder auf engem Raum bei den Eltern zu leben und ihnen auf der Tasche zu liegen?

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