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Spaniens verlorene Generation Tag 2: Wut im Café

Gut ausgebildet, aber ausgebremst: Im Gespräch mit jungen Spaniern wird deutlich, dass diese Generation mit einer anderen Zukunft gerechnet hat.

Nina Brunner

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Sieben Tage lang war die «Kulturplatz»-Redaktorin Nina Brunner in Spanien unterwegs. In ihrem Reisetagebuch hat sie bewegende Momente und Begegnungen festgehalten und schreibt hier aus persönlicher Sicht über Spaniens «verlorene Generation».

Katalonien: eigene Sprache, eigene Kultur, wirtschaftlich stärkste Region Spaniens. Mit ein Grund, weshalb derzeit an Barcelonas Fassaden die Unabhängigkeitsflaggen wehen. Der Traum vom eigenen Staat erhält durch die Krise neuen Auftrieb. Viele Katalanen fürchten, für die Schulden Restspaniens aufkommen zu müssen, obschon die eigene Regionalregierung bereits rigide Sparmassnahmen angekündigt hat.

Frustriert von Politik und Arbeitsmarkt

In einem kleinen Café stellt mir die 26jährige Núria ihre Freunde vor. Sie alle sind gut ausgebildet, jedoch ausgebremst von der wirtschaftlichen Misere. Die arbeitslose Lehrerin hofft, auf der staatlichen Stellenliste endlich nach oben zu rutschen, der Bauingenieur verdient sein Geld mit dem Umherschieben von Spitalbetten, sein Kollege arbeitet im Familienbetrieb, der gerade bedrohlich schrumpft.

Energisch wird hier debattiert über einen Präsidenten, der nicht mal englisch spreche, über Politiker, die in die eigenen Taschen wirtschafteten und junge Akademiker nicht ernst nehmen würden.

Video
«Es reicht - wir haben die Nase voll»
Aus Kultur Extras vom 27.12.2012.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 11 Sekunden.

Die Generation um die 30 ist die bisher am besten ausgebildete des Landes. Eine Generation «ohne Grenzen» auch: Der Arbeitsmarkt im übrigen Europa lässt sie hoffen. Obschon der Braindrain Spanien zusätzlich schadet, denken auch Núrias Freunde darüber nach, ins Ausland zu ziehen.

Doch zuerst versuchen sie, mit cleveren Geschäftsideen neue Märkte zu öffnen - etwa mit einem speziellen Parksystem für Barcelona. Sie wollen etwas bewegen im Land, in dem sie erwachsen wurden, im Land, das in sie investiert hat.

Günstiger Kaffee statt teures Restaurant

Sich gegenseitig motivieren steht an oberster Stelle. Freundschaften sind wichtiger geworden. Doch statt wie früher im Restaurant zu essen, treffen sie sich heute zum preiswerteren Kaffee.

Später fahren wir zum Strand. Die Millionenmetropole Barcelona wirkt aufgeräumt und ruhig. Die Krise ist für Besucher nicht direkt sichtbar. Am Meer werfen sich gutgelaunte Surfer in die Wellen, Kinder hüpfen lachend im Sand. Ein schöner Sonntagnachmittag. Mir ist etwas mulmig zumute.

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