Woher kommt der Begriff «Stan Culture»? Wegen der sozialen Medien und Online-Plattformen fühlen sich Fans mit ihren Idolen eng verbunden. Der Rapper Eminem hat um die Jahrtausendwende das Kofferwort «Stan» kreiert - eine Art Verschmelzung von «Stalker» und «Fan». Ein «Stan» ist demnach ein Fan, der überaus viel in die vermeintliche Beziehung zu seinem Idol investiert.
Was hat das mit Amber Heard und Johnny Depp zu tun? Das frühere Schauspielerpaar duelliert sich seit einem Monat vor Gericht. Depp hat Heard aufgrund eines Zeitungsartikels von 2018 wegen übler Nachrede verklagt. Darin hatte Heard sich als Opfer häuslicher Gewalt dargestellt und damit impliziert, dass Depp der Täter war. Das Publikum ist via Livestream an der Verhandlung hautnah dabei. Das Urteil steht noch aus.
In den sozialen Medien scheint der Fall aber bereits klar. Vor allem Amber Heard wird etwa auf Twitter unter den Hashtags #JusticeForJohnnyDeep oder #AmberHeardlsALiar von der Fangemeinde des Schauspielers heftig attackiert. Ein typisches Beispiel für «Stan Culture».
Wohin kann «Stan Culture» im Extremfall führen? Zur Besessenheit. Stalker-Fans diskutieren öffentlich das Privatleben der Promis oder meinen, sie unterstützen zu müssen, indem sie etwa Hassnachrichten oder gar Todesdrohungen an deren Widersacher in den sozialen Medien posten. Das ist auch im Fall Jonny Depp gegen Amber Heard passiert.
Was erhoffen sich «Stans» davon? Möglicherweise, dass sie Druck auf die Geschworenen ausüben können. Auch wenn diese noch kein Urteil gefällt haben, steht für die Stalker-Fans die Verliererin fest. Amber Heard wird von Jonny Depps Anhängern als psychisch kranke Lügnerin dargestellt, die sich nur in die Rolle des Opfers begibt, um daraus Profit zu schlagen.
Ist das nicht nachgerade krank? Doch, das Phänomen «Stan Culture» ist ungesund. Die Wissenschaft führt es es auf eine «parasoziale Interaktion» oder «parasoziale Beziehung» zurück. Das heisst: Die Kommunikation zwischen Fan und Idol ist einseitig und deshalb keine echte Beziehung.
Wann kam das Phänomen erstmals zur Sprache? Seit den 1950er-Jahren. Damals stellten Soziologen fest, dass Personen mit Nachrichtensprechern zu sprechen begannen. Parasoziale Beziehungen lassen sich aber auch mit fiktionalen Figuren eingehen – sei es Harry Potter oder Miss Marple. Entscheidend ist, dass die «Beziehung» einseitig bleibt.
Aber ein Star Johnny Depp kommuniziert ja auch mit seinen Fans? Das tut er in der Tat. Aber so viel er auch postet, die Followers erhalten nie ein realistisches Bild der Person Johnny Depp. Trotzdem entwickeln sie das Gefühl, ein Teil im Leben dieses Promis zu sein. Diese tiefe Verbundenheit kann zu giftigem Verhalten führen – wie man am Beispiel der Depp-Fans beobachten kann.