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Ein Mann hängt Stoffbahnen auf.
Legende: Ein Fabrikarbeiter hängt Stoffe an die Sonne, Bangladesh 2016. Reuters
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Textilindustrie in Bangladesch «Made in Bangladesh» kann auch «Fair Trade» sein

Bangladesch steht für ausbeuterische und umweltschädigende Massenproduktion von Kleidung. Aber es gibt auch Initiativen, die fair und ökologisch produzieren.

Bangladesch gilt als eine Art Schmuddelkind der globalen Textilindustrie. Der nach China grösste Kleiderproduzent der Welt machte vor allem im Jahr 2013 negative Schlagzeilen.

In einem Vorort der Hauptstadt Dhaka stürzte das Fabrikgebäude «Rana Plaza» ein. Über 1000 Textilarbeiterinnen fanden dabei den Tod, mehr als 2000 wurden verletzt.

Die Medien berichteten von dieser Katastrophe. Katastrophal sind auch die Verhältnisse, die den Einsturz des Fabrikgebäudes möglich machten: die Allmacht der grossen Modelabels und die Ohnmacht der Textilarbeiterinnen.

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Made in Bangladesh
aus Kontext vom 15.02.2018. Bild: imago / photothek
abspielen. Laufzeit 56 Minuten.

Der Schreck sitzt tief

An der Universität in Dhaka ruft ein Professor seine Studenten zum Umdenken auf. Emdi Shamsad Hasnine ist Experte für Nachhaltigkeit, ein Begriff, der für ihn auch die Arbeitsbedingungen, den fairen Handel und die Umweltaspekte beinhaltet.

Müll ist für ihn Rohstoff. Er sagt seinen Studenten: «Rohmaterial ist, was deine Umgebung hergibt und was du in ein Produkt verwandelst.» Und er ermahnt sie: «Denkt an das Nachleben eurer Produkte. Überlegt, wie einfach oder kompliziert es sein wird, sie in ein anderes Produkt zu verwandeln.» Er hofft, dass seine Studenten, wenn sie später in der Industrie arbeiten, Verbesserungen bewirken können.

Chopin in der Luft

In Bangladesch gibt es einige Initiativen, die versprechen, mehr oder weniger ökologisch und sogar etwas fairer zu produzieren. Die konsequenteste und vertrauenswürdigste unter ihnen ist das Modelabel Aranya.

Der Showroom von Aranya, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen ist eine ästhetische und akustische Oase im tosenden, stinkenden Verkehr von Dhaka: Edle Kleider, Schmuck, Chopin in der Luft. Aranya ist ein Non-profit- und Fairtrade-Mikro-Unternehmen, das sich aufs natürliche Färben von Stoffen spezialisiert hat. Der Fokus liegt auf guten fairen Arbeitsbedingungen und Löhnen.
(Infografik: 2014)

Geschäftsführerin von Aranya ist Nafshin Khair. Sie hat in England Ökonomie studiert, ist 40 Jahre alt und eine hochgebildete, politisch bewusste Frau.

Sammeln statt wegwerfen

Nafshin Khair engagiert sich in der «Fashion-Revolution, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen». Diese soziale Bewegung will die miserablen Produktionsbedingungen in der Bangladescher Kleiderindustrie in den internationalen Medien präsent halten. Sie will die Kämpfe der Textilarbeiterinnen unterstützen und alternative Produktionsmethoden fördern.

Nafshin Khair berichtet: «Aus der Krapwurzel gewinnen wir ein Rosa. Je mehr man es eintaucht, desto intensiver wird es. Aus Indigo gewinnen wir Blau in allen Abstufungen: von Hellblau über Stahlblau bis hin zu dunklem Nachtblau. Die Rinde der Jackfruit gibt uns ein zartes Gelb, aus Annatto gewinnen wir ein helles, strahlendes Orange. Viele unserer Produkte sind eigentlich Abfall. Die Zwiebelschale beispielsweise – oder die Mangoblüten: Damit schmückt man in der Hochzeits-Saison Häuser und Räume. Danach welken sie und werden weggeworfen. Wir aber sammeln sie ein und machen daraus wunderbare farbige Stoffe»

Gut, aber teuer

Aranya arbeitet auch mit bedrohten Völkern zusammen, etwa mit den Mro, die im Regenwald des ostbengalischen Chittagong leben. Aranya hat dort Produktionsgemeinschaften zur Herstellung von Schmuck und zum Anbau von Indigo ins Leben gerufen. Sie sollen dem Volk eine zeitgemässe ökonomische Grundlage sichern.

«Mehr als einen Dollar für ein T-Shirt kann hier niemand zahlen», sagt Nafshin Khair. Die Kundinnen, die Aranyas Schmuck und Kleider tragen, kommen aus der Mittel- und Oberschicht, sind erfolgreiche Jungunternehmerinnen oder Expats. Eine Jeans von Aranya kostet rund 150 Dollar. Irgendwo in Dhaka gekauft, kostet eine Jeans heute fünf Dollar.

Staat und Politik sind gefragt

Alternative Textilproduzenten befinden sich in Bangladesch in einer Nische, sagt David Hachfeld, Experte für Arbeitsrecht in der Modeindustrie. Er arbeitet für den Verein Public Eye, der früheren «Erklärung von Bern», und kennt die Verhältnisse in Bangladesch.

«Das Spielfeld ist alles andere als fair. Einige der Grossen in der Modebranche erzeugen permanent hohe soziale und ökologische Kosten: Indem sie die Umwelt schädigen oder die Menschen nicht ordentlich bezahlen. So haben die grossen Firmen permanent einen Wettbewerbsvorteil.»

In Bangladesch arbeitet der Markt gegen faire und ökologische Produktionen. Soll sich daran etwas ändern, muss die Politik, der Staat, für bessere Spielregeln, für die Einhaltung von Grund- und Menschenrechten, sorgen.

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