«Ich bin Frau Reinhardt, ich bin 54 und eine Frau mit transidenter Vergangenheit»: Das sagt Danielle Reinhardt, wenn sie sich einer fremden Person vorstellt. Danielle ist 1,85 Meter gross, sie hat breite Schultern und Hände, die offensichtlich zupacken können.
Sie kommt gerade von ihrer Frühschicht als Elektrikerin – jetzt sitzt sie auf dem Balkon ihrer Wohnung und erzählt bei einer Zigarette von ihrer Transition: Schon in der Kindheit habe sie ein Unbehagen gegen ihr biologisches, damals männliches Geschlecht gespürt.
«Aber erst im mittleren Alter, nach einer Ehe mit zwei Kindern, habe ich erkannt, was mit mir nicht stimmt.» Nämlich, dass sie in ihrer Seele eine Frau sei.
Ein schmerzhafter Weg
Bis zur äusserlichen Anpassung sei der Weg lang und schmerzhaft gewesen. «Man muss sich das ja erst mal eingestehen und die Wahrheit akzeptieren», erzählt sie. Und dann brauche es Zeit und Raum, um die Konsequenzen daraus zu ziehen.
Acht Jahre dauerte dieser Prozess bei Danielle Reinhardt. Unter den weiblichen Hormonen, die sie unter ärztlicher Kontrolle einnahm, begann sich ihr Körper zu verändern. Sie entwickelte Rundungen an den Hüften, und die Brüste fingen an zu wachsen. Schliesslich entschloss sie sich zu einer geschlechtsangleichenden Operation am Universitätsspital Zürich – «damit mein Körper zu meiner Seele passt.»
Der Körper einer Frau
Danielle Reinhardt hatte Glück: Der viereinhalb Stunden dauernde Eingriff, der vereinzelt auch heute noch zu schweren Komplikationen führen kann, ist bei ihr problemlos verlaufen. «Ich bin sehr zufrieden, und ich würde es jederzeit wieder tun», rekapituliert sie.
Am wichtigsten sei ihr die Ästhetik gewesen. Dass es, wenn sie sich im Schwimmbad umziehe, «normal und natürlich aussieht.» Das ist den Chirurgen in Zürich offenbar gelungen: «Es sieht aus wie bei einer Frau, man sieht keinen Unterschied», sagt Reinhardt.
Auf feminisierende Korrekturen im Gesicht hingegen hat sie verzichtet. «Ich bin ja kein junges Mädchen mehr, sondern eine Frau mit 54 Jahren.» Das Leben hinterlasse halt Spuren – die dürfe man bei ihr ruhig sehen.
Ganz normal sein
Danielle Reinhardt lebt heute in einer lesbischen Beziehung. Auch ihre Partnerin ist eine Transfrau. Wie gehen Freunde und Bekannte mit dieser Konstellation um? «Mein Umfeld hat positiv reagiert», sagt sie.
Wichtig sei, dass man keine Rolle aufsetze, sondern sich selbst bleibe. «Dann haben die wenigsten Leute ein Problem damit.» Auch mit ihrer Ex-Frau pflege sie heute eine freundschaftliche Beziehung. Der gemeinsame Sohn lebt bei Reinhardt.
Danielle Reinhardt zieht an ihrer Zigarette und streicht sich die halblangen Haare aus dem Gesicht. Sie will noch etwas Wichtiges loswerden: «Wir Transmenschen sind ganz normal – wir arbeiten, bezahlen Steuern und haben ein durchschnittliches Privatleben wie andere auch.» Das Klischee der Paradiesvögel – das sei einfach nicht mehr zeitgemäss.
Sendung: SRF 1, 8.6.2018, 16 Uhr.