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Subkulturen – Non-Binär: Weder Mann noch Frau
Aus 10 vor 10 vom 27.02.2018.
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Serie zu Subkulturen Non-Binär: Weder Mann noch Frau

Sascha Rijkeboer identifiziert sich als non-binär. Keine «Sie», kein «Er» – nur Sascha. Ein Kampf um Anerkennung.

Sascha hat zwei Coming-outs erlebt. Mit 18 Jahren outete sich Sascha als lesbisch und mit 23 Jahren als non-binär. Sascha kann sich nicht mit dem identifizieren, was in der Gesellschaft als «weiblich» oder «männlich» gilt.

Personen, die die gesellschaftliche Zweiteilung in Mann und Frau ablehnen, bezeichnen sich als non-binär. Damit stösst Sascha auf Unverständnis: «Wenn ich darüber spreche, ist es für die Leute schwierig sich vorzustellen, dass man so fühlt oder diese Einteilung für sich ablehnt.»

Weil sich Sascha weder als Mann noch als Frau fühlt, möchte Sascha nicht mit «Er» oder «Sie» angesprochen werden, sondern mit dem Vornamen. Offiziell heisst Sascha gegenüber den Behörden erst seit dem vergangenen Jahr Sascha. Über den Namen, welchen Sascha früher trug, möchte Sascha nicht sprechen.

Langsamer Wandel

Unterwegs mit Sascha wird bewusst, wie durchsetzt die Sprache von «Sie» und «Er» ist. Sascha wird versehentlich falsch angesprochen: Viele benutzen ein Pronomen, statt Sascha zu sagen.

Dass ein Umdenken ausserhalb von «Sie» und «Er» Zeit braucht, zeigt sich an der rechtlichen Situation. Saschas Identität wird von den Schweizer Behörden nicht anerkannt. Laut Gesetz gibt es in der Schweiz ausschliesslich Mann und Frau.

An der klaren Zweiteilung zwischen Mann und Frau per Gesetz wird jedoch in verschiedenen Ländern gerüttelt. Im US-Bundesstaat Oregon wurde im vergangenen Jahr zum ersten Mal von einem Richter eine Person als non-binär anerkannt. Jamie Shupe möchte wie Sascha mit dem Vornamen angesprochen werden.

Gegenüber dem britischen Sender ITV zeigte sich Jamie Shupe nach dem richterlichen Urteil erleichtert: «Ich hatte nie eine Identität als Mann – mich als Frau zu bezeichnen, war auch nicht zutreffend. Der Richter machte mich vollständig mit diesem Entscheid.»

Serie «Subkulturen»

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Die vierteilige Serie von «10vor10» zeigt neue Lebensformen, unbekannte Gesellschaftsgruppen und Denkansätze für die Zukunft. Was treibt diese Personen an – und wie kann die Gesellschaft von diesen Ideen profitieren?

Einteilung per Vorschrift

In der Schweiz kämpft Sascha im Alltag um Anerkennung der eigenen Identität. An der Universität Basel studiert Sascha Genderstudies. Die Universität hat kürzlich neue Richtlinien erlassen, die es Studierenden erleichtern soll, den eigenen Namen zu ändern.

Sascha gehen die neuen Richtlinien zu wenig weit: «An der Universität Basel gibt es weiterhin ausschliesslich Frau und Herr und die Geschlechter weiblich und männlich.»

Somit muss sich Sascha weiterhin jedes Semester mit einem Geschlecht für Vorlesungen einschreiben – auch wenn sich Sascha damit nicht identifiziert. Das Geschlecht wird unter anderem für statistische Erhebungen zum Männer- respektive Frauenanteil an der Universität erfasst.

Unbeantwortete Fragen

Es gibt keine Zahlen dazu, wie vielen Menschen in der Schweiz es ähnlich ergeht wie Sascha. Rund 40’000 Menschen identifizieren sich laut dem Transgender-Netzwerk Schweiz nicht mit dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht.

Doch längst nicht alle dieser Menschen identifizieren sich mit keinem Geschlecht. Die Zahl jener Menschen, die geschlechtsangleichende Massnahmen durchführen, liegt um einiges tiefer als die geschätzte Gesamtzahl. Fragen zu Geschlechtsangleichung möchte Sascha nur «off the record» beantworten.

Selbstbestimmung in Raten

Als Kind fehlten Sascha die Worte für die eigene Identität. Doch gefühlt, dass etwas anders ist, hat Sascha schon früh: «Ich habe meine jüngere Schwester extrem als Mädchen wahrgenommen. Selber habe ich mich nicht so gefühlt und mir war klar, dass ich von dieser Norm abweiche. Gleichzeitig wusste ich auch, dass ich kein Bub bin.»

Im Privatleben kann Sascha heute für sich entscheiden, wie Sascha angesprochen wird. Nach aussen jedoch fehlt Sascha die Selbstbestimmung: «Ich werde aufgrund meiner Stimme oft als Frau wahrgenommen. Manchmal wünschte ich mir dies wäre weniger der Fall.»

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