«Ich glaube, die Black Panthers legten den Grundstein für das, was in Oaklands DNA steckt.»
Libby Schaaf war von 2014 bis 2022 Bürgermeisterin von Oakland, einer 430'000-Einwohner-Stadt auf der östlichen Seite der San Francisco Bay. Schaaf wuchs hier auf und erinnert sich: «Meine Eltern hatten Angst und meinten, die Black Panthers wollten Weisse umbringen.»
Ein Dorn im Auge des FBI
Das Bild der radikalen und rassistischen schwarzen Gruppe wurde schon kurz nach der Gründung der Black Panther Party (BPP) im Jahr 1966 von offiziellen Stellen gestreut – und von Medien bereitwillig verbreitet. Allen voran FBI-Direktor J. Edgar Hoover bezeichnete die Panthers schon früh als Staatsfeind Nummer eins. Er stufte sie gar als grosse Gefahr für die innere Sicherheit der USA ein.
Den Black Panthers ginge es nicht um zivilen Ungehorsam, sondern um Selbstverteidigung. Gegen einen – wie sie es betonten – bewaffneten, faschistischen Polizeistaat, der schwarze und braune Menschen in den Vereinigten Staaten in innerstädtischen Ghettos halten wollte.
Was dem FBI-Direktor als noch viel grössere Gefahr erschien, war ihre Fähigkeit, Koalitionen mit anderen radikalen, politischen Gruppen in den USA zu schliessen. Darunter Puerto-Ricaner, Chicanos und sogar weisse Gruppen junger, verarmter Migranten aus der Appalachen-Region. Für den FBI-Boss Hoover brodelte da ein gefährlicher Sumpf, der mit allen Mitteln ausgetrocknet werden musste.
Sozialer Sprengstoff in den USA
Die USA in den 1960er-Jahren glichen einem Pulverfass: die harschen sozialen Zustände für Afroamerikaner, das brutale Vorgehen der Polizeieinheiten in den schwarzen Nachbarschaften. Das alles führte dazu, dass viele junge Afroamerikanerinnen und Afroamerikaner politisiert wurden.
Im Oktober 1966 gründeten die beiden Studenten Huey P. Newton und Bobby Seale im kalifornischen Oakland die «Black Panther Party for Self-Defense». Die Antwort auf eine unkontrollierte Polizeigewalt in den schwarzen Quartieren, die für die Beamten meist ohne Konsequenzen blieb.
Die beiden Gründer der Black Panther Party verglichen die schwarzen Nachbarschaften mit Kolonien der Vereinigten Staaten und bezeichneten die Polizeieinheiten, die in den «black communities» patrouillierten, als «Besatzungsarmee».
Emory Douglas, der schon frühzeitig Mitglied der Black Panther Party wurde, erinnert sich an diese Anfangsjahre der Partei in den späten 1960er-Jahren: «Damals wie heute gab es viele Polizeimorde, die immer gerechtfertigt wurden.»
Protestprogramm mit Vorbildcharakter
Die Black Panthers formulierten ein Zehn-Punkte-Programm mit Forderungen, die 50 Jahre später mit der Black-Lives-Matter-Bewegung erneut lautstark und fast identisch eingefordert wurden.
Das ehemalige Führungsmitglied Ericka Huggins und ihr Ehemann John Huggins schlossen sich 1967 den Panthers in Los Angeles an. Wie der Grossteil der Mitglieder waren auch sie junge Erwachsene. Sie organisierten die Nachbarschaften, boten Hilfen wie Frühstücksprogramme für Kinder und Einkäufe für Senioren an.
Falschmeldung mit Todesfolge
Das Erstarken der Black Panther Party ging dem FBI gehörig gegen den Strich. «Sie haben uns tagtäglich verfolgt, unsere Telefone abgehört, uns schikaniert», erinnert sich Ericka Huggins. In Los Angeles verbreitete die Bundespolizei gezielt Falschmeldungen bei den Panthers und einer konkurrierenden nationalistischen Gruppe Afroamerikaner.
Sie verfolgten damit ein Ziel: «Es ist zu hoffen, dass diese Massnahme zu einer Rachehandlung führt», hiess es in einer Notiz des FBI-Büros in Los Angeles vom 29. November 1968.
Szenen aus dem Leben der Black Panthers
Die Rechnung ging nur wenige Wochen später auf. Am 17. Januar 1969 wurden die zwei Black Panther John Huggins und Bunchy Carter erschossen. Ericka Huggins zog es nach den tödlichen Schüssen auf ihren Mann nach Oakland. Dort begann sie eine eigene Schule der Black Panthers aufzubauen.
Prominente Unterstützung
Unterstützung fand die Gruppierung bei vielen Prominenten. Musiker wie Marvin Gaye spielten Benefizkonzerte, um Projekte der Organisation finanziell zu unterstützen. Erben der Kaufhauskette Montgomery Wart spendeten Busse für das Black-Panther-Programm «Bus to Prison». Bei dem Projekt wurden Angehörige von inhaftierten Afroamerikanern, die kein Auto besassen, in die teils entlegenen Staatsgefängnisse gefahren.
Unter den Unterstützern waren auch bekannte Schauspieler wie Marlon Brando, der bereits 1968 als Redner auf der Gedenkfeier von Lil’ Bobby Hutton in Oakland auftrat.
Nach der Spaltung kam das Scheitern
Die Gruppe junger Frauen und Männer, die die Vereinigten Staaten verändern wollten und zum Staatsfeind Nummer eins wurden, scheiterten am Ende. Schon Mitte der 1970er-Jahre machten sich Brüche in der Bewegung bemerkbar.
Die Partei ist vorbei, aber ihr Erbe lebt weiter.
Die einen wollten eine grössere Rolle in den Quartieren einnehmen, anderen hingegen sahen die Black Panther Party als Teil einer internationalen, revolutionären und antikapitalistischen Bewegung. «Die Schule war das letzte, was 1982 abgewickelt wurde», erinnert sich Ericka Huggins und fügt an: «Die Partei ist vorbei, aber ihr Erbe lebt weiter.»
Von den Black Panthers zu Black Lives Matter
Die Ära der Black Panther Party ging zu Ende. Doch ihre Forderungen nach Gleichberechtigung und nach einem Ende des Rassismus sind zeitlos. Das wurde 2016 in einer Ausstellung des Oakland Museum of California anlässlich 50 Jahren Black Panther Party sichtbar.
Seitdem hat sich viel verändert in Oakland. Die Stadt umarmt heute diesen Teil ihrer Geschichte. Überall im Stadtbild sieht man gewaltige Wandbilder mit Motiven der Panthers und ihren Forderungen, die in der Black-Lives-Matter-Bewegung aufgegangen sind.
Späte Ehre in Kunstform
Die Sammlerin und Kuratorin Lisbet Tellefsen, spezialisiert auf soziale Bewegungen in den USA, meint dazu: «So viel von dem, was sie vorgelebt haben, ist heute noch aktuell wie vor 50 Jahren.»
Die ehemalige Bürgermeisterin von Oakland, Libby Schaaf, ergänzt: «Die Black Panthers sind ein Teil eines Vermächtnisses, das bis heute nachwirkt.» Sei es die Black-Lives-Matter-Bewegung, die ihre Wurzeln ebenfalls in Oakland hat oder die Proteste nach dem Mord an George Floyd.
Libby Schaaf: «Diese neue Generation von Oaklandern wird weiterhin soziale Bewegungen und Ideale unterstützen, die die Ungerechtigkeit des Status quo herausfordern und uns zu einer viel besseren Gesellschaft machen.»