Wie schleust man kritische Botschaften in Ländern ohne Meinungs- und Pressefreiheit an den Behörden vorbei?
Einen Weg hat die NGO «Reporter ohne Grenzen» (RoG) gefunden – einen wohlklingenden: Mit Hilfe von lokalen Künstlern wandelte sie zehn zensierte Texte von fünf Journalistinnen und Journalisten zu Popsongs um.
Wer sind die fünf Journalisten?
Über eine Playlist auf den Streamingportalen Spotify , Apple Music und Deezer sind sie nun weltweit zugänglich – auch in den Heimatländern der Autoren.
Namentlich Ägypten, China, Thailand, Usbekistan und Vietnam: Alle rangieren auf den untersten Plätzen im weltweiten Ranking der Pressefreiheit .
Die Wahrheit nimmt die Hintertür
Presse und Rundfunk können in diesen Ländern nicht unabhängig berichten. Kritische Inhalte werden staatlich unterdrückt. Auch kann die Bevölkerung das Internet meist nur eingeschränkt nutzen. Musik-Streamingdienste aber sind frei zugänglich.
Dieses Schlupfloch nutzt «Reporter ohne Grenzen» aus, um die Texte durch die Hintertür an der Zensur vorbei zu bringen.
Die Songs sind jeweils auf Englisch und in der Originalsprache abrufbar – in den Heimatländern der Autoren aber nur unter Pseudonym und mit abgeschwächten Titeln.
Songs gegen die Zensur
Ihre Texte, nun Songtexte, thematisieren die Verfolgung Andersdenkender (Ägypten), unter den Tisch gekehrte Polizeigewalt (Usbekisten) und unaufgeklärte Morde (Vietnam). Sie klagen die allgegenwärtige Zensur an (China) oder besingen diejenigen, die sich im Untergrund dagegen wehren (Thailand).
Auf der Webseite «Uncensored Playlist» kann man alle Texte in verschiedenen Übersetzungen nachlesen. Für alle Songs wurde zudem ein Albumcover und ein Musikvideo gestaltet, dass über den Zustand der Pressefreiheit im jeweiligen Land aufklärt.
«Die Wahrheit findet immer einen Weg», kommentierte ein RoG-Vorstandsmitglied die Aktion. Passend zum offiziellen Hashtag: #truthfindsaway.
Profis am Werk
Man sieht und hört es der gesamten Kampagne an: Hier geht es zwar um ein Non-Profit-Anliegen, dennoch waren Profis am Werk. Eine Werbeagentur, eine Produktionsfirma, ein Komponist, lokale Musiker und eine Filmemacherin waren daran beteiligt.
Dementsprechend professionell klingen die Songs – wenn auch die harschen Botschaften, verpackt in weichgespülten Singer/Songwriter-Klängen, etwas befremdlich wirken.
Aber wer weiss: Vielleicht klingen so ja künftige Protestsongs.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 12.3.18, 17.40 Uhr