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Zukunftsstudie: Was wollen wir wissen?
Aus Kultur Webvideos vom 06.01.2019.
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Mensch, Zukunft! Wer will schon wissen, was die Zukunft bringt

Der Mensch ist ein Zukunftswesen, sagt der Zukunftsforscher. Aber wollen wir überhaupt wissen, was uns bevorsteht?

Lesedauer: 12 Minuten

Der Griff zur Gratiszeitung: Er bleibt das lässliche Laster des geneigten Tramfahrers. Bisschen blättern – durch News und Nonsens, Boulevard und Börse, Sport, Stars und Sternchen.

Und dann steht da unter W wie Waage: «Zurzeit geht Ihnen alles leicht von der Hand.» Schwein gehabt heute, bin ich nicht Stier im Sternzeichen. Den wird ein Steinbock auf die Hörner nehmen.

Illustration zweier Hände in einem Zugabteil, die eine aufgeschlagene Zeitung mit Horoskopen drin halten.
Legende: Des Pendlers tägliche Ration Zukunft: Das Horoskop ist fester Bestandteil vieler Zeitungen. SRF / Simon Krebs

Humor und Horoskop

Das, nun ja, gute alte Horoskop: Man liest es mit Humor, gerade weil es sich so tierisch ernst nimmt. Oder doch nicht? Fest steht: Noch im frühen 21. Jahrhundert gehört der Blick in die Sterne zu den gut gelesenen Rubriken auch seriöser Zeitungen.

Professor Gerd Gigerenzer hat sein Horoskop heute nicht gelesen. Natürlich nicht: Der deutsche Psychologe beschäftigt sich ernsthaft und empirisch mit dem Menschen und seiner Neugierde.

Gerd Gigerenzer

Gerd Gigerenzer

Psychologe

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Gerd Gigerenzer, geboren 1947, ist Direktor emeritus am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und Direktor des Harding-Zentrums für Risikokompetenz am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin. Gigerenzer forscht vor allem zur Psychologie des Risikos. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde er mit den Büchern «Das Einmaleins der Skepsis» (2002) und «Bauchentscheidungen» (2007) bekannt.

«Noch immer glauben vier Prozent der Deutschen, dass Horoskope die Wahrheit sagen», sagt Gigerenzer. Es ist das Ergebnis einer seiner Studien. «Das sind vier Prozent zu viel.»

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Aus Kultur Webvideos vom 06.01.2019.
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Der Mensch und das Morgen

2017 publizierte Gerd Gigerenzer, damals Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin, eine Untersuchung, deren Resultat sich salopp so zusammenfassen lässt: Die meisten Menschen wollen gar nicht wissen, was die Zukunft für sie bereithält.

Gigerenzer hatte 2000 Probanden aus Deutschland und Spanien dieselben Fragen vorgelegt. Zum Beispiel diese: Möchten Sie Ihr genaues Todesdatum kennen? Ob Ihre Ehe in die Brüche geht? Ob es ein Leben nach dem Tod gibt? Wollen Sie das Geschlecht Ihrer ungeborenen Kinder kennen?

Erstaunliche Ergebnisse

Es waren in diesem Katalog die existenziellen Fragen versammelt, aber ebenso die vermeintlich banalen, die unser dösiges Dasein bekanntlich auch bestimmen. Fragen vom Schlage: Wollen Sie wissen, ob Ihr Lieblingsfussballklub das nächste Spiel gewinnt? Wollen Sie wissen, was Sie zu Weihnachten geschenkt bekommen?

Illustration eines älteren Mannes mit Brille, der seine Hände fragend vor sich hält.
Legende: «Die meisten Menschen würden auf ein Wissen über ihre persönliche Zukunft lieber verzichten», sagt Psychologe Gerd Gigerenzer. SRF / Simon Krebs

Die viel beachteten Ergebnisse der Studie: 87 bis 90 Prozent aller Befragten wollten über bevorstehende negative Ereignisse lieber nicht Bescheid wissen. Vielleicht noch verblüffender: 40 bis 77 Prozent wollten auch von bevorstehenden positiven Ereignissen lieber nichts wissen.

«Willentliche Ignoranz»

Den Macher der Studie selbst hat diese Zahl am meisten überrascht: Nur gerade ein einziges Prozent aller 2000 Befragten will wirklich wissen, was die Zukunft bringt. «Willentliche Ignoranz» nennt Gerd Gigerenzer seinen Befund und stellt aus sicherer Distanz noch einmal fest: «Die meisten Menschen entscheiden sich bewusst dafür, lieber nicht Bescheid zu wissen.»

Illustration einer Frau, die mit den Händen ein undefinierbares weisses Wolkengebilde abwert.
Legende: Gefürchtet ist das Künftige, denn: Solange man nichts weiss, muss man auch nichts tun. SRF / Simon Krebs

Stellt sich die Frage: warum? Wer wisse, was auf ihn zukomme, trage auch die Last des Handelns, sagt Gigerenzer. «Aber was tun Sie denn, wenn Sie wissen, dass Ihre Ehe scheitern wird? Lassen Sie sich dann sofort scheiden?» Solange ich nichts weiss, ist Gigerenzers Punkt, muss ich auch nichts tun.

Der Professor tickt da nicht anders als Herr oder Frau Jedermann. Als Wissenschaftler, sagt er, wolle er zwar erforschen, warum der Mensch etwas nicht im Voraus wissen will. Aber auch er mochte das Geschlecht der Kinder nicht vor deren Geburt kennen – genau wie ein Drittel aller Befragten. Wir wollten uns eben die Spannung im Leben erhalten, meint er. Getreu dem Motto: Wissen mag gut sein. Überraschung ist schöner.

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Kaffeesatz und Kristallkugel

«Kassandras Bedauern: Die Psychologie des Nicht-Wissen-Wollens» heisst die Gigerenzer-Studie – in Anlehnung an die sagenhafte Seherin aus dem antiken Griechenland. Kassandra hatte den Untergang ihrer Heimatstadt Troja vorausgesehen. Aber man schlug ihre Warnung in den Wind.

Überhaupt, die alten Griechen: Massenhaft Methoden sollen sie gekannt haben, um vorzeitig vorauszusehen, was ihnen ins Haus steht. Und sie hatten das Orakel von Delphi, dessen eindeutig zweideutigen Sinnsprüche massgeblichen Einfluss hatten – auch auf die Politik.

Illustration einer jungen Frau mit geschlossenen Augen, die sich vor einer brennenden Stadt die Haare rauft.
Legende: Ihr Zukunftswissen fand kein Gehör: Kassandra, tragische Heldin der griechischen Mythologie. SRF / Simon Krebs

Noch im Mittelalter verliessen sich selbst Könige und Kaiser auf Weissagungen. Im 16. Jahrhundert kam in Europa die Astrologie auf. Sie galt lange als Wissenschaft, bevor sie im Zuge der Aufklärung in Verruf geriet. Bis heute kennt man das Kartenlegen, liest im Kaffeesatz oder gibt sich die Kristallkugel.

Und doch, sagt Gigerenzer, «würden die meisten Menschen auf ein Wissen über ihre persönliche Zukunft lieber verzichten». Auch dann, wenn diesem Wissen nicht der windschiefe Charme der Scharlatanerie anhaftete.

Der Mensch, ergänzt Gerd Gigerenzer, sei so gebaut, dass er mit Ungewissheit umgehen könne. «Überraschung, Enttäuschung: Diese Emotionen bräuchten wir gar nicht, wenn man die Zukunft voraussagen könnte.» Schon die Tatsache, dass der Mensch sie habe, spiegle sich umgekehrt in seinem Bedürfnis, die wichtigen Dinge des Lebens nicht im Voraus wissen zu wollen.

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Sehen als Strafe

Spricht man mit dem Basler Psychiater und Psychoanalytiker Joachim Küchenhoff über die Untersuchung seines Berliner Kollegen, sagt er betont bücherstaubtrocken: «Interessantes Studienergebnis. Kommt aber wenig überraschend.»

Joachim Küchenhoff

Joachim Küchenhoff

Psychiater

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Joachim Küchenhoff, geboren 1953, arbeitete bis Juli 2018 als ärztlicher Direktor der Psychiatrie Baselland und Professor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Basel. Seit seiner Emeritierung führt er seine psychotherapeutische Arbeit in seiner Praxis weiter.

Kurz und klar ist auch die Antwort des pensionierten Direktors der Erwachsenenpsychiatrie Baselland auf die mit einem Augenzwinkern gestellte Frage nach seinem letzten Mal Horoskop: «Ich habe mein ganzes Leben kein einziges gelesen.» Heiterkeit am anderen Ende der Telefonleitung.

Nicht lange. Schnell schlägt Küchenhoff, ein vergnügter Fachmann auf dem Grossgebiet der Angsterkrankungen, den Bogen zurück zu den alten Griechen. Deren Blick auf die Zukunft nennt er «ergiebig», weil die Seher damals eine zentrale Rolle spielten, aber oft schlecht behandelt wurden. Oder gar nicht gehört. «Sehen zu können», bemerkt Küchenhoff, «war immer auch eine Strafe.»

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Wege der Wahrnehmung

Und wie hat man zu verstehen, Herr Küchenhoff, dass grosse Seher und Seherinnen oft mit Blindheit geschlagen waren? Dass ihr Blick, der sich gleichsam nach aussen und vorne – in die Zukunft eben – zu richten hatte, zwangsläufig nach innen ging?

Für ihn als Psychoanalytiker sei das naheliegend, sagt Joachim Küchenhoff. «Wir sagen im Deutschen ja auch: ‹Wir hören in uns hinein.› Und nicht etwa: ‹Wir sehen in uns hinein.› Es gibt verschiedene Wege, etwas Wesentliches wahrzunehmen.»

Zukunft macht Angst

Aber was ich eigentlich fragen wollte, Herr Küchenhoff: Wie hat sich unser Verhältnis zur Zukunft gewandelt? Inwiefern unterscheidet es sich von jenem der alten Griechen, für die der schwere und schwierige Begriff des Schicksals über allem stand?

Illustration einer jungen Frau, die inmitteln antiker griechischer Überreste eines Hauses auf einem Hocker sitzt.
Legende: Spektakel oder Debakel? Im antiken Griechenland beschied darüber das Orakel von Delphi. SRF / Simon Krebs

Was ist für uns heute anders als damals, als vermutlich die Gewissheit den gemeinen Griechen grundierte: Ich kann hier tun, was ich will – meine Zukunft ist eh von den Göttern vorbestimmt?

Was in der klinischen Arbeit auffalle, sagt Joachim Küchenhoff, sei eine Zunahme von Angst und Depressionen, die sich aus einem Unbehagen an der Zukunft ergebe. Das lasse sich mit den Herausforderungen erklären, die unser individualisiertes, auf Selbstentfaltung ausgerichtetes Leben mit sich bringe.

Du sollst dich verwirklichen!

Heute heisst es doch, seufzt Küchenhoff, für jeden Einzelnen jeden Tag: «Ich muss mich selbst verwirklichen.» Das erzeugt Druck. Viel Druck. Dieser Druck kann Angst machen. Diese Angst führt im immer häufigeren Falle zu Depressionen. Ein Modewort wie Selbstverwirklichung tönt zwar toll. Es macht aber verdammt viel Arbeit – am Schluss sogar für den Psychiater.

Illustration eines älteren Herrn mit Bille und weissem Haar, der auf einer violetten Chaiselongue sitzt und telefoniert.
Legende: Die Angst vor der Zukunft sei zunehmende Ursache von Depressionen, beobachtet Psychoanalytiker Joachim Küchenhoff. SRF / Simon Krebs

Es gebe allerdings noch einen anderen Aspekt der sogenannten Zukunftsangst, ergänzt Küchenhoff, der die Dinge nicht gern «vereinseitigt», wie er sagt. Dieser Aspekt sei besonders in der Adoleszenz zu beobachten. Dann, wenn der junge Mensch sich von Zuhause und den Werten und Welten zu lösen habe, mit denen er gross geworden sei.

Wenn ein junger Mensch sich dieser Lebenssituation nicht stellen könne, komme die Angst, sagt Küchenhoff. Und diese Angst komme «nicht von der Zukunft her, sondern sie richtet sich gegen eine Zukunft, die einen Neubeginn erlauben könnte». Angst werde so zu einem Verhinderer von Zukunft.

Versessen aufs Vermessen

Im Kleinen, so könnte man mit Gerd Gigerenzer festhalten, im Privaten und Persönlichen wollen die Menschen nicht wissen, was ihnen die Zukunft bringt. Wir verdrängen sie selbstverständlich auch, hatte Joachim Küchenhoff noch nachgereicht. Das sei zwar schlecht, aber für den Einzelnen durchaus hilfreich. Man stelle sich nur vor, wir wären uns stets der Gefahren bewusst, denen wir beim Autofahren ausgesetzt sind, sagt Küchenhoff. «Wir könnten nicht mehr fahren.»

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Im Grossen und Ganzen aber sieht es anders aus. Leben wir nicht in einer Welt der permanenten Prognosen? In einer Zeit, die pausenlos versucht, sich selbst zu versichern? Zu messen und zu zählen? Sind nicht auch Körperkult und Fitnesswahn Ausdruck eines Zeitgeistes, der stets schweissgebadet Richtung Zukunft schielt, die bitte nie kommen oder aber ewig währen soll?

«Big Data plus Vorstellungskraft»

Zeit für ein Gespräch mit Georges T. Roos, dem bekanntesten Schweizer Zukunftsforscher und als solcher zuständig für die Prognose für das kollektive Bewusstsein. «Ich erwarte Ihren Anruf um 3.30», mailt Roos. Die Anfrage, ob er Zeit hätte für ein Gespräch, war kaum abgeschickt. Läuft ja wie am berühmten Schnürchen. Hat mein Horoskop etwa recht?

Georges T. Roos

Georges T. Roos

Zukunftsforscher

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Als Gründer eines privat finanzierten Zukunftsforschungsinstituts und der European Futurists Conference Lucerne ist Georges T. Roos (geboren 1963) einer der führenden Zukunftsforscher der Schweiz. Roos hat Pädagogik, Publizistik und Psychologie studiert und lange als Journalist gearbeitet. Seit 1997 analysiert er die treibenden Kräfte des gesellschaftlichen Wandels.

Roos, der in seinem ersten Berufsleben in der Redaktionsleitung einer Regionalzeitung sass, ist eher zufällig in die Zukunftsforschung geraten. Als ihn das Gottlieb-Duttweiler-Institut 1997 in die Geschäftsleitung berief, kam er mit dem Thema in Kontakt. Es hat ihn seither nicht mehr losgelassen. Seit bald 20 Jahren malt sich Roos die Welt von Morgen aus. Er bloggt, berät und schreibt Bücher.

Der Zunft der Zukunftsforscher geht es darum, möglichst gut informierte Entscheide im Hinblick auf ein besseres Morgen zu fällen – möglichst gut abgestützt auf die Datenmengen, die man heute in vielen Bereichen des Lebens anhäufe.

Allerdings, sagt Roos: «Daten allein reichen nicht. Zukunftsforschung ist Big Data plus Vorstellungskraft.»

Illustration eines Mannes, der vor einem Teleskop steht, das in das Weltall gerichtet ist.
Legende: «Big Data plus Vorstellungskraft»: Zukunftsforscher Georges T. Roos verlässt sich in seinem Job auf Zahlen – und Intuition. SRF / Simon Krebs

Ganz genau geht’s nicht

Und wie genau kann so eine Zukunftsprognose sein? Man werde, sagt der Zukunftsforscher, zum Beispiel voraussagen können, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sein wird, dass morgen bei jemandem eingebrochen wird. «Wir werden aber nie sagen können, was Sie morgen machen.»

Präzise in die Zukunft schauen: Das geht nicht. Das wird nicht gehen. Aber man werde in Zukunft immer präziser sagen können: «Das sind die Elemente, die wir mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit voraussehen können.» Aber dazu komme all das, was niemand vorausgesehen hat. «Und das war vielleicht viel wichtiger.»

Man halte sich das Smartphone vor Augen: Vor 20 Jahren hatte es kein Schwein auf dem Schirm. Heute durchdringt es alle Bereiche des täglichen Lebens. So etwas habe niemand antizipieren können, sagt Roos.

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Horoskop im Strassencheck: «Da ist schon was dran»
Aus Kultur Webvideos vom 06.01.2019.
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Immer in Bewegung

Bei aller Faszination für die grossen Entwicklungen, die sogenannten «Megatrends», die Zukunftsforscher am liebsten beschreiben, wenn sie ihre kognitiven Schneisen in ein mögliches Morgen schlagen: Ein Georges T. Roos hat auch das Kleine, das Individuelle im Blick. Wir denken im Grossen über die Zukunft nach – wir wollen aber lieber nicht wissen, was uns persönlich bevorsteht?

«Das bringen wir schon zusammen», sagt der Zukunftsforscher. Er versteht den Menschen als ein Problemwesen, das sich wie keine andere Gattung auf Neues einzustellen vermöge. Der Mensch sei in der Lage vorauszudenken, er könne sich transformieren. «Aber wenn Sie die Leute fragen: Wollen Sie wissen, ob Sie in fünf Jahren Krebs kriegen? Dann schütteln sie zu Recht den Kopf.»  

Ein solches Wissen würde uns zu stark belasten. «Wenn Sie aber eine Firma führen», so Roos, «sollten Sie wissen, was Sie tun müssen, damit es sie in ein paar Jahren noch gibt.» Hier setzt die Zukunftsforschung an. Sie kann keine individuelle Gewissheit für die Zukunft herstellen. Aber sie kann zum Beispiel einem Unternehmen dabei helfen, dass es länger lebt.

Die neue Unübersichtlichkeit

Die Welt, sagt Roos, sei unübersichtlicher geworden. Und komplexer. Das ist gut für ihn und seine Kollegen. Der Bedarf an Zukunftsforschern, die mögliche Entwicklungen aufzeigen – oder sie ausschliessen – steigt.

Wie wird eine Welt aussehen, in der die Leute immer älter werden? Eine Gesellschaft, die von künstlicher Intelligenz geprägt ist? Eine Stadt, in der nur noch selbstfahrende Autos die Strassen unsicher machen? Digitalisierung und Demographie, Biotransformation und Blockchain: Ein bisschen bleibt der Eindruck, Zukunftsforschung sei Big Business mit Buzzwords.

Hat er heute sein Horoskop gelesen? Das komme selten vor, sagt Georges T. Roos. Wenn er Zug fahre allenfalls, ihm langweilig sei und zufällig auch noch eine dieser Gratiszeitungen auf dem Nebensitz herumlümmle.

Aber einem Zukunftsforscher wird es selten langweilig. Denn die Zukunft ist einfach nie zu Ende.

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