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Mänenr und Frauen stehen im Korb eines Bootmasts und schauen mit Fernrohren in die Ferne.
Legende: Was bringt die Zukunft? Etwa weniger Verkehr und mehr Gentech sagt ein Zukunftsforscher. Imago / Ikon Images

Noch nicht Vergangenheit Diese Themen werden uns weiter beschäftigen

Als Zukunftsforscher befasst Georges T. Roos sich mit den Fragen von morgen. Wir haben mit ihm über vier Themen gesprochen, die uns 2018 beschäftigt haben – und im neuen Jahr weiter begleiten werden.

Autonome Technologie: Adieu, eigenes Auto!

Im Haushalt, im öffentlichen Raum, im Job: «Überall können Programme und Geräte selbstständig Dinge erfüllen. Wir stehen zurzeit noch am Anfang eines epochalen Phänomens», sagt der Schweizer Zukunftsforscher Georges T. Roos.

Georges T. Roos

Zukunftsforscher

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Georges T. Roos ist ist einer der führenden Zukunftsforscher der Schweiz, Gründer eines privaten Zukunftsforschungsinstituts und der European Futurists Conference Lucerne.

Roos hat Pädagogik, Publizistik und Psychologie studiert und lange als Journalist gearbeitet. Seit 1997 analysiert er die treibenden Kräfte des gesellschaftlichen Wandels.

Webseite von Georges Roos

Ein Bereich, der sich laut Roos durch smarte Technologie grundlegend verändern wird, ist der Verkehr. «Selbstfahrende, autonome Fahrzeuge haben ein Riesenpotenzial. Wir denken das bisher nicht radikal genug.»

Es mache irgendwann keinen Sinn mehr, am eigenen Steuer zu sitzen. Wieso sollte ein Auto auf seinen Besitzer warten, wenn es in dieser Zeit selbstständig andere Passagiere rumchauffieren kann? «Wir werden wohl davon wegkommen, eigene Fahrzeuge zu besitzen», meint der Zukunftsforscher.

Die Stadt der Zukunft: Grüner und weniger verstopft

Die Städte der Zukunft müssen sich etwas einfallen lassen. Denn immer mehr Menschen leben im städtischen Raum. Wir müssen höher, dichter, grüner bauen.

Für Roos könnten auch neue Verkehrskonzepte einen Befreiungsschlag darstellen: «Wenn statt Privatautos, Taxi und Bussen nur noch autonome Fahrzeuge verkehren, bräuchte es deutlich weniger Platz für den Verkehr.»

Mit Folgen für das Stadtbild: «Wenn schon die Hälfte der Autos aus den Städten verschwindet, wären Strassen und Parkplätze nicht mehr das dominierende Merkmal. Diesen Raum könnte man für das Leben zurückgewinnen.»

Blockchain: Keine Währung, ein Fälschungsschutz

Der Hype um die Blockchain scheint abgeflacht, die Revolution ist bisher ausgeblieben. Zu umständlich, zu schwer verständlich, könnte man denken.

Für Roos ist es eher eine Frage der Zeit. «Mit der Blockchain-Technologie stehen wir heute da wie vor 20 Jahren mit dem Internet. Damals war sehr schwer vorstellbar, wie grundlegend es viele Dinge verändert.»

Das Potenzial der Blockchain sieht er nicht bei Kryptowährungen wie Bitcoins: «Das ist in meinen Augen das grosse Missverständnis.» Vielmehr helfe die Technologie, die Weitergabe von Werten und Daten gegen Fälschung zu sichern.

«Das macht Schnittstellen überflüssig, die heute für das Vertrauen in eine Transaktion sorgen. Wenn ich heute Geld überweise, schickt meine Bank Ihrer Bank Geld.» Mit Blockchain gehe es ohne Banken dazwischen, ohne Notar, mit weniger Buchhaltern.

Crispr-Schere: Der Biologie ein Upgrade verpassen

Anfangs Dezember versetzten vermeintlich genmanipulierte Zwillinge die Wissenschaft in Aufregung. Sie verweisen auf etwas, das künftig «enorme Auswirkungen» haben dürfte, sagt Roos. «Wir haben heute die technologischen Möglichkeiten, der Biologie ein Upgrade zu verpassen.»

Das Auswerten eines Genoms sei bereits günstiger als jeder Labortest. Entsprechend viel werde geforscht. Dazu kommen die Möglichkeiten der Gen-Schere: «Wir können die DNA präzise umschreiben, etwa um Erbkrankheiten zu heilen.»

Dank Technologie die Biologie unseren Bedürfnissen anpassen: Was die einen als Chance sehen, macht andere unruhig. So oder so wird es uns weiter beschäftigen, auch abseits von Crispr-Babies .

Denn das Thema Bio-Transformation betreffe auch Ernährung und Landwirtschaft, sagt Roos. Als Beispiele nennt er «Pflanzen, die gegen Dürre resistent sind. Bakterien, die Abfälle fressen. Oder Fleisch aus dem Bioreaktor.» Der Blick in die Zukunft beginnt bereits vor dem Tellerrand.

Was sind die Themen von morgen?

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Eine 2018 erschienen Studie von Georges T. Roos befasst sich mit Themen und Tendenzen der nächsten 20 Jahre, weltweit und in der Schweiz. Im Gespräch mit Experten hat Roos 16 Megatrends ausgearbeitet.

Den Megatrends ist gemeinsam, das sie langanhaltend und global sind, und grosse Teile der Gesellschaft betreffen. 3 sind relativ neu, aber wohl zukünftig bedeutend (mit * markiert).

Vereinfacht lauten sie:

  1. Bevölkerungswachstum: Wir werden mehr.
  2. Aging Society: Wir werden älter.
  3. Urbanisierung: Wie leben öfters in Städten.
  4. Individualisierung: Die Normalbiografie wird seltener, die Lebensentwürfe vielfältiger.
  5. Gesundheitsexpansion: Wir geben mehr für Gesundheit aus.
  6. Nomadisierung: Wir sind weniger an unseren Geburtsort gebunden.
  7. Beschleunigung: Unser Alltag wird schneller und flexibler.
  8. Ökologisierung: Wir befassen uns mehr mit dem Klima und erneuerbaren Energien.
  9. Digitalisierung: Unser Alltag wird digitaler.
  10. Konnektivität: Unser Alltag wird vernetzter.
  11. Globalisierung: Wir handeln global statt regional.
  12. Wissensexpansion: Wir haben mehr Zugriff auf mehr Information.
  13. Transparenz: Mehr Informationen werden offengelegt und zugänglich.
  14. *Technologische Automatisierung: Mehr Dinge handeln und funktionieren ohne menschliches Zutun.
  15. *Trusted Networking: Die Blockchain wird wichtiger, u.a. zum Schutz vor Fälschungen.
  16. *Bio-Transformation: Wir nutzen stärker die Möglichkeit, Biologie an unsere Bedürfnisse anzupassen.

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