Im ÖV gilt die Maskenpflicht. Dennoch begegnet man zuweilen Reisenden, die keine Maske tragen. Soll man Menschen ohne Maske in Tram oder Bus ansprechen? Wenn ja, wie?
Das sei jedem selbst überlassen, sagt Michelle Meier, die Bildungsverantwortlichen bei Amnesty International Schweizer Sektion. Wenn man das Bedürfnis habe, etwas zu sagen, solle man das auch tun. «Sie haben ein Recht auf freie Meinungsäusserung.»
So sicher nicht
Bloss: Wie macht man das? Wie spricht man die ältere Frau im Bus oder den jungen Mann im Zug darauf an, dass sie ohne Maske reisen? Soll man hingehen und sagen: «Hey, Sie, setzen Sie gefälligst eine Maske auf»?
Das sei keine gute Idee, sagt Michelle Meier. Sie weiss, wie man Menschen auch in problematischen Situationen ansprechen kann. Amnesty International veranstaltet zu diesem Thema Kurse, in denen man lernt, wie man im gesitteten Gespräch Stammtischparolen entschärfen oder in heiklen Situationen Zivilcourage beweisen kann.
Austausch auf Augenhöhe
Das Wichtigste sei, sagt Michelle Meier, immer so deeskalierend wie möglich auf Personen zuzugehen. Meier rät dazu, das Gespräch mit einer Frage beginnen und nicht mit einer Aufforderung.
Sie gehe zu der Person hin und stelle sich vor, so Meier. Das führe nicht gleich zu einer Abwehrreaktion, sondern könne der Anfang eines Gesprächs sein. Oder einer Diskussion.
Michelle Meier hat noch einen Tipp: «Das Wichtigste ist, dass man auf Augenhöhe mit den Personen spricht, dass man sich auch physisch auf die Höhe der Person begibt.»
Sitze die Person ohne Maske, sagt Meier, empfehle es sich, sich zu ihr herunterzubeugen. Immer ein guter Anfang sei es, mit einer persönlichen Geschichte beim unmaskierten Gegenüber anzukommen.
Hauptsache Selbstschutz
Aber weshalb sagen wir eigentlich nichts, wenn andere sich unserer Meinung nach falsch verhalten? Meistens wohl, weil wir Angst haben. Angst davor, der oder die Angesprochene könnte mit einer Beleidigung kontern, auf die uns nichts mehr einfällt. Oder im schlimmsten Fall handgreiflich werden.
Wie kann man sich vor solchen Reaktionen schützen? Oberstes Gebot in diesen Situationen sei der Selbstschutz, sagt Michelle Meier.
Einen Betrunkenen anzusprechen, der übellaunig wirke, sei selten eine gute Idee. Wolle man eine aggressiv wirkende Person dennoch ansprechen, sei es sinnvoll, das nicht allein zu tun, sondern Umstehende um Hilfe zu bitten.
Zivilcourage zu beweisen bedeutet schliesslich nicht, sich mutwillig in Gefahr zu begeben.