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Gesellschaft & Religion Zum Reinbeissen: Ein kulinarischer Blick auf den Orient

IS, Terroranschläge, Streit um Burka und Kopftuch: Viele Menschen verbinden die Religion des Propheten Mohammed heute nur noch mit Islamismus, Gewalt und Konfrontation. Peter Heine erinnert an die menschenfreundliche Seite des Islam – in einem Buch über die orientalische Esskultur.

Döner Kebab, Falafel, Hummus, Couscous: Die orientalische Küche hat bei uns längst Einzug gehalten. Die Kultur und die Religion der Menschen aus dem Orient hingegen sind vielen Menschen fremd geblieben. Wie konnte es soweit kommen?

Zur Person

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Legende: Verlag Klaus Wagenbach

Peter Heine studierte von 1965 bis 1971 Islamwissenschaft, Philosophie und Ethnologie in Münster und Bagdad. Er lehrte Islamwissenschaft an den Universitäten in Münster. Bis 2009 war er Professor für Islamwissenschaft des nicht-arabischen Raumes an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Verbieten und bestrafen

«Einige wenige Länder wie Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate exportieren mit viel Geld ihre Form des Islam», erklärt der Islamwissenschaftler Peter Heine.

Das sei ein sehr strenger und konservativer Islam: eine Religion, die verbietet, ein Gott, der jeden Übertritt bestraft. Bei saudischen Entwicklungsprojekten im Senegal zum Beispiel werden gleich noch eine Moschee und ein konservativer Imam aus Saudi-Arabien mitgeliefert.

Den Tränen nahe

Ina und Peter Heine – ein Ehepaar in Berlin – kennen und beobachten die Entwicklung des Islam seit Jahren. Sie sind beide Islamwissenschaftler. Und sie haben die Religion und Kultur des Islam in vielen Ländern erkundet.

An vielen Orten ist das Reisen heute unmöglich geworden. Wenn Peter Heine über Syrien und den Irak spricht, kommen ihm beinahe die Tränen. In Bagdad im Irak hat er einst studiert.

Ina und Peter Heine betonen, dass es den Islam nicht gibt. Er existiere in vielen Formen und Traditionen, von Marokko oder Senegal bis Indonesien.

Der Islam wird missbraucht

Ist der Islam eine gewalttätige Religion? Auf diese Frage hat Peter Heine eine klare Antwort: «Nein, der Islam wird gebraucht, um ganz andere politische und strategische Ziele zu erreichen».

Das lasse sich aktuell in Syrien und im Irak bestens zeigen. Saudi-Arabien und Iran hätten ein Interesse, die Kontrolle über wichtige Ölgebiete zu erhalten. In diesem Zusammenhang müsse man den Konflikt in Syrien auch sehen.

Wie wirken sich diese Veränderungen im Islam im Alltag zum Beispiel in der Kulinarik aus? «Bei Essensvorschriften gibt es keine Veränderungen. Schweinefleisch ist verboten, fertig», erklärt Peter Heine.

Schweinefleisch kenne man nicht, und die Menschen fänden es eklig. Andere Menschen ekelten sich halt vor Katzen-, Hunde- oder Affenfleisch.

Wodka statt Wein

«Beim Alkohol ist die Interpretation des Korans sehr wechselhaft gewesen. Heute gilt Alkohol als haram – als absolut verboten».

In frühen Offenbarungen wird Wein aus Weintrauben positiv bewertet. Seit der Re-Islamisierung in den 1960er-Jahren ist der Alkohol in islamischen Ländern ins Visier der Politik geraten.

Buchhinweis

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Peter Heine: «Köstlicher Orient. Eine Geschichte der Esskultur.» Verlag Klaus Wagenbach, 2016.

Vertreter eines strengen Islam warfen den Herrschenden vor, den Islam nicht ernst zu nehmen, wenn beispielsweise in staatlichen Fluglinien Alkohol ausgeschenkt werde. In der Folge wurde die Haltung gegenüber Alkohol restriktiver.

Viele Muslime verzichten auf Alkohol. Doch Peter Heine weiss: In vielen Ländern, in denen Alkohol verboten ist, gelte: wenn schon Sünde, dann schon richtig Sünde. Peter Heine fügt schmunzelnd hinzu: «Dann trinkt man keinen Wein, sondern Wodka oder Cognac oder Whisky».

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