Der italienische Modedesigner Giorgio Armani ist tot. Er prägte über Jahrzehnte den internationalen Stil – mit klaren Linien, gedeckten Farben und einem eleganten Understatement. Armani wurde 91 Jahre alt. Der Modeexperte Jeroen van Rooijen erläutert, was Giorgio Armani für die Modewelt bedeutete – und weiterhin bedeutet.
SRF: Giorgio Armani prägte über Jahrzehnte die Mode. Was bleibt von seinem Werk?
Jeroen van Rooijen: Giorgio Armani war ganz eindeutig eine Ausnahmeerscheinung. Er war ein Mann, der rein vom Alter her schon aus einer ganz anderen Welt kam. Die Mode ist ja besessen von Jugend, von Jugendlichkeit, von jungen Designern, von Newcomern. Giorgio Armani war das Gegenteil.
Er war schon relativ früh in seiner Karriere «der Alte»: Er hat erst mit über 40 angefangen. Und er hat bis ins hohe Alter Mode gemacht. Das war schon mal sehr besonders. Dann war er natürlich auch einfach einer, der vom Status her eine ganz eigene Liga war.
Was hat den Armani-Stil ausgemacht? Warum war er so prägend?
Er hat in seiner frühen Karriere die Männermode aufgelockert. Er hat sehr viel Steifheit und Formalität herausgenommen – und war damit seiner Zeit weit voraus. Diese ganzen Themen sind in der breiten Masse erst in den letzten zehn, fünfzehn Jahren wirksam geworden. Deswegen hat er auch in den letzten Jahren wieder ein Revival gehabt.
Könnte man sagen, er hatte auch eine Strahlkraft über die Modewelt hinaus?
Absolut. Giorgio Armani war ein kleiner Papst. Man kann schon sagen, dass die ganze Armani-Company ein bisschen etwas von einer Kirche hatte. Da wurde dem alten Herrn sehr gehuldigt – und er hatte auch immer seine Entourage. Alles war sehr formell und höflich. Er war ein Mann, der auf Form und Etikette Wert gelegt hat, aus einer anderen Zeit.
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Bild 1 von 7. 1990 trug Julia Roberts ein Kleid von Armani bei der Costume Institute Gala (MET Gala). Bildquelle: IMAGO / Everett Collection.
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Bild 2 von 7. Giorgio Armani ist im Alter von 91 Jahren gestorben. Bildquelle: REUTERS / Regis Duvignau.
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Bild 3 von 7. 1975 gründete Giorgio Armani das gleichnamige Modeunternehmen, welches später eine Weltmarke werden sollte. Bildquelle: Imago / United Archives.
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Bild 4 von 7. Internationaler Durchbruch: Mit seinen Anzügen im Film «American Gigolo» wurde Giorgio Armani weltberühmt. Bildquelle: Imago / United Archives.
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Bild 5 von 7. Für den Film «Goodfellas» schneiderte Armani die Anzüge, die die heruntergekommene Unterwelt von New York eingefangen haben. Bildquelle: Imago / United Archives.
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Bild 6 von 7. Der italienische Modemacher schneiderte die Anzüge für die Italienerinnen und Italiener an der Eröffnungsfeier der olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi. Bildquelle: Imago / tt.
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Bild 7 von 7. Der Modedesigner arbeitete bis zu seinem Lebensende. Im Juli zeigte Giorgio Armani in Paris seine Kollektion für den kommenden Winter. Bildquelle: Keystone / Tom Nicholson.
Armani ist 91 Jahre alt geworden. Ist er bis zum Schluss aktiv geblieben?
Er hat wirklich bis fast zum Schluss gearbeitet und ist auch immer für seine Mode auf der Bühne gestanden. Er hat sich gezeigt, nach den Modenschauen. Er ist einer, der präsent war. Natürlich hatte er schon seit Längerem ein Team, das die Knochenarbeit macht. Aber er war da. Er war bis vor wenigen Monaten auch regelmässig zu sehen.
Als er dann bei seiner letzten Modenschau plötzlich nicht aufgetreten ist und es hiess, es gebe ein paar gesundheitliche Themen, da hatte man schon die Befürchtung, das könnte es jetzt bald gewesen sein. Und so war es dann auch.
Gibt es eine persönliche Anekdote, die Sie mit Giorgio Armani verbinden?
Es war immer sehr interessant, zu den Modenschauen in Mailand zu gehen. Das war wirklich so etwas wie eine heilige Messe. Er hat auch einen besonderen Raum, das Teatro Armani, gebaut. Das ist ein sehr klösterlicher Raum, da sass man auf Tribünen.
Man klatscht nicht während der Modenschau. Aber bei Armani hat man das gemacht.
Das Interessante ist, und das war wirklich sehr besonders, dass man bei Giorgio Armani Zwischenapplaus spendete. Das ist eigentlich ein Tabu in der Mode. Das macht man nicht. Man klatscht nicht während der Modenschau, das ist provinziell. Aber bei Armani hat man das gemacht, das gehörte dazu. Und immer zum Schluss, als der Meister auf die Bühne kam: Dann ist man aufgestanden und hat Standing Ovations gegeben. Also wirklich ganz grosse Klasse.
Das Gespräch führte Enora Maurer.