Literaturtipp
Poetisch. Ein Buch als Entschleunigungsprogramm: Ganz am Anfang steht ein skurriler Obdachloser in einem Hermelinmantel. Eine faszinierende Gestalt, die der Einstieg in ein Aussteigerbuch ist. In Patrick Holzapfels Debüt «Hermelin auf Bänken» flaniert ein junger Mann durch Wien. Für ein Jahr verbringt er fast sein gesamtes Leben auf Sitzmöbeln. Kaum Action, aber dennoch ein poetischer, existenzialistischer und oft auch urkomischer Roman. Ein Buch, das man auch politisch lesen kann – und dabei wunderbar entschleunigen. (Markus Tischer)
Ausstellungstipp
Gegenständlich. Keine abstrakte Kunst: Seit zehn Jahren bilden gegenständlich malende Künstlerinnen und Künstler der Schweiz ein Kollektiv. Als «Salon der Gegenwart» tauschen sie sich aus und organisieren Ausstellungen. Zum Jubiläum zeigen über 40 Künstlerinnen und Künstler ihre Bilder im Kunsthaus Zofingen und in den oxyd-Kunsträumen in Winterthur: vom Ast über die Traumlandschaft bis zum Haufen Schmutzwäsche wird die ganze Bandbreite gegenständlicher Malerei sichtbar. (Ellinor Landmann)
Albumtipp
Eingängig. Nachdem der heute 25-jährige Gitarrist bereits letztes Jahr mit seiner Band Wednesday eines der besten Rockalben des Jahres ablieferte und heuer das neuste, grossartige Waxahatchee-Album veredeln durfte, präsentiert er nur sein viertes Soloalbum. Und jetzt sei uns die folgende Frage erlaubt: MJ Lenderman – ist er der nächste Tom Petty, oder ist er es nicht? Auf seinem vierten Album brilliert der Musiker aus North Carolina nämlich mit witzigen Texten und eingängigen Songs, die mal nach Country klingen, mal nach Indie und mal, ja, tatsächlich auch sehr Petty-esque wirken. (Luca Bruno)
Filmtipp
Persönlich. 20 Jahre nach seiner Autofahrt durchs eben «befreite» Afghanistan mit einem Florentiner Kriegsfotografen und einem getriebenen Genfer Journalisten hat der Westschweizer Claude Baechtold die damals aufgenommenen Videobänder wiedergefunden – und daraus einen hinreissend ehrlichen Dokumentarfilm gebaut. «Riverboom» ist ein refound-footage-Buddy-Roadmovie mit Witz und retrospektiver Einsicht. Heute, nach der Rückkehr der Taliban in das vor 22 Jahren von den USA vermeintlich befreiten Landes, funktioniert diese Kinoreise wie ein weitsichtiger und überaus persönlicher Trip in seine tragische Geschichte. (Michael Sennhauser)
Konzerttipp
Überraschend. «Festival Offener Genres» – der Name ist Programm. Während drei Tagen kann man auf dem Kasernenareal in Basel eine Entdeckungsreise durch die zeitgenössische elektronische Musik erleben – Musik, die sich Genres entzieht. Zum Beispiel das Eröffnungskonzert «100 Cymbals» von Ryoji Ikeda: ein überraschend feines akustisches Zusammenspiel, bei dem 10 Menschen 100 Becken anschlagen und zu einer musikalischen Einheit verschmelzen. Dazu gibt's vieles mehr – von DJ-Sets bis zu Sound-Installationen. Hier gilt: Ohren spitzen! (Florence Baeriswyl)