Ein dunkler Wald mit Kreuzen an den Baumstämmen. Ein düsterer Bahnhof bei Nacht, mit grauen Wolken und tristen Fassaden. Aber auch menschliche Körper, teils nackt, unförmig dargestellt oder mit schwarzen Augenhöhlen statt Augen.
Es ist eine Art zu malen, die «direkt in den Bauch geht», meint Julian Denzler, «die manchmal zu viel ist und weh tut». Man könne sich den Bildern kaum entziehen. Auf die Arbeiten von Aleks Weber ist der Kurator zufällig gestossen. Schnell war ihm klar: Der Künstler wurde bisher viel zu wenig beachtet.
Vom aufstrebenden Künstler zum Hauptverdächtigen
Zu Beginn der 1980er-Jahre ist Weber durchaus im Begriff, sich in der Deutschschweiz als Maler einen Namen zu machen. Der Autodidakt wird entdeckt und gefördert. Gleichzeitig ist er Teil der damaligen Jugendunruhen in Winterthur.
Die Winterthurer Jugendszene, angetrieben von den sogenannten «Wintis», ist damals so radikal, dass es auch zu Brand- und Sprengstoffanschlägen kommt. Nach einem Anschlag auf das Haus von Bundesrat Rudolf Friedrich wird Aleks Weber 1984 als Hauptverdächtiger verhaftet. Die linke Szene spricht von einem politisch motivierten Urteil und willkürlicher Beweisführung.
Noch heute ist die Rede davon, dass es sich bei dem Prozess gegen Weber um einen Indizienprozess gehandelt habe. Das Ergebnis: acht Jahre Haft. Das Urteil wurde später von einem anderen Gericht revidiert und die Haft auf vier Jahre reduziert. Dennoch gibt es keine eindeutigen Beweise, dass Webers WG tatsächlich hinter den Taten steckte.
Dem Staat ausgeliefert
Die Razzia in der WG malt Aleks Weber später in seiner Gefängniszelle mit Acrylfarben auf Papier. Ein Bild, das unter die Haut geht. Ebenso wie der Richterspruch: Das Bild «Gerächtigkeit» steht symbolisch für Webers aussichtslose Perspektive damals.
Das Bild zeigt zwei Richter, die hoch oben thronen und mit verzerrten Gesichtern nach unten auf einen leeren Stuhl blicken. «Man spürt diese empfundenen Kraftverhältnisse sofort. Man sieht diesen übermächtigen Staat und den eigentlich schonungslos ausgesetzten Mensch auf der Anklagebank», erläutert Denzler.
Vom Gefängnis gezeichnet
Rund 400 Bilder malt Aleks Weber im Gefängnis. Viele zeigen ihn in seiner Zelle, mal als Skelett vor dem Fernseher, mal als trauriges Männlein auf der Pritsche. Auffällig ist, dass seine Bilder im Gefängnis viel konkreter in Form und Pinselführung sind.
Vor und nach der Haft bestimmen expressive Pinselstriche, eine kräftige Farbigkeit und teils gezielte Formlosigkeit sein Schaffen. Daher ist es schwierig, Aleks Webers Werk einer bestimmten Stilrichtung zuzuordnen.
Sein Leben auf Leinwand
«Man versteht die 80er-Jahre aus meiner Sicht noch mal auf eine andere Art durch die Auseinandersetzung mit seinen Werken», sagt Kurator Julian Denzler. «Er bringt eine Dringlichkeit in die Kunst, die immer noch sehr notwendig ist. Deshalb ist es mir wichtig, Maler wie ihn wieder zu zeigen.»
1994 stirbt Aleks Weber im Alter von nur 33 Jahren an Aids. Vermutlich hat er sich während seines Gefängnisaufenthaltes mit einer verunreinigten Spritze infiziert. In der Ausstellung ist ein Bild zu sehen, das eine Spritze, einen Metalllöffel, eine Pistole und einen Apfel auf einem Tisch zeigt. Ein Stillleben ganz nach Aleks Weber.