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Aktivist und Maler Aleks Weber So bringt ein Staatsfeind seine Welt auf die Leinwand

In den 80ern sorgten Jugendunruhen wie die Zürcher Opernhauskrawalle für Schlagzeilen – aber auch in Winterthur gab es Demonstrationen und Anschläge. Hauptverdächtiger eines Anschlags: Der Künstler Aleks Weber. Eine neue Ausstellung zeigt seine Werke. Nichts für Zartbesaitete.

Ein dunkler Wald mit Kreuzen an den Baumstämmen. Ein düsterer Bahnhof bei Nacht, mit grauen Wolken und tristen Fassaden. Aber auch menschliche Körper, teils nackt, unförmig dargestellt oder mit schwarzen Augenhöhlen statt Augen.

Gemälde einer Person, die ein Leiter hochklettert
Legende: Expressive Pinselstriche, eine kräftige Farbigkeit prägen das Schaffen von Aleks Weber. oxyd

Es ist eine Art zu malen, die «direkt in den Bauch geht», meint Julian Denzler, «die manchmal zu viel ist und weh tut». Man könne sich den Bildern kaum entziehen. Auf die Arbeiten von Aleks Weber ist der Kurator zufällig gestossen. Schnell war ihm klar: Der Künstler wurde bisher viel zu wenig beachtet.

Vom aufstrebenden Künstler zum Hauptverdächtigen

Zu Beginn der 1980er-Jahre ist Weber durchaus im Begriff, sich in der Deutschschweiz als Maler einen Namen zu machen. Der Autodidakt wird entdeckt und gefördert. Gleichzeitig ist er Teil der damaligen Jugendunruhen in Winterthur.

Die Winterthurer Jugendszene, angetrieben von den sogenannten «Wintis», ist damals so radikal, dass es auch zu Brand- und Sprengstoffanschlägen kommt. Nach einem Anschlag auf das Haus von Bundesrat Rudolf Friedrich wird Aleks Weber 1984 als Hauptverdächtiger verhaftet. Die linke Szene spricht von einem politisch motivierten Urteil und willkürlicher Beweisführung.

Die Polizei steht in voller Montur vor einer Menschenmenge.
Legende: Die Polizei ging gegen die «Wintis» vor – hier im März 1982 vor dem Geschworenengericht des Kantons Zürich in Winterthur. KEYSTONE/Str

Noch heute ist die Rede davon, dass es sich bei dem Prozess gegen Weber um einen Indizienprozess gehandelt habe. Das Ergebnis: acht Jahre Haft. Das Urteil wurde später von einem anderen Gericht revidiert und die Haft auf vier Jahre reduziert. Dennoch gibt es keine eindeutigen Beweise, dass Webers WG tatsächlich hinter den Taten steckte.

Was waren die «Winterthurer Ereignisse»?

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Die Schweizer Jugendunruhen der 1980er-Jahre verbinden heute viele mit den Opernhauskrawallen in Zürich. Doch auch in Winterthur gingen Jugendliche damals für mehr Rechte auf die Strasse. Das nahm einen Höhepunkt mit den sogenannten «Winterthurer Ereignissen», einer Reihe von Brand- und Sprengstoffanschlägen.

Die Vorfälle waren geprägt von sozialen Unruhen, insbesondere unter jungen Menschen und Migranten, die gegen Polizeigewalt, Diskriminierung und soziale Ungerechtigkeiten protestierten. Zuweilen kam es auch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei.

Die «Winterthurer Ereignisse» gelten als ein wichtiger Moment in der Geschichte der Schweiz, der die Aufmerksamkeit auf soziale Probleme und Ungerechtigkeiten lenkte.

Dem Staat ausgeliefert

Die Razzia in der WG malt Aleks Weber später in seiner Gefängniszelle mit Acrylfarben auf Papier. Ein Bild, das unter die Haut geht. Ebenso wie der Richterspruch: Das Bild «Gerächtigkeit» steht symbolisch für Webers aussichtslose Perspektive damals.

Ausstellungsansicht mit zwei Bildern.
Legende: Die Oxyd-Kunsträume zeigen 25 Werke von Aleks Weber. Die Werke zeigen gewaltsame politische Konflikte zwischen Aktivisten und den Ordnungsorganen des Staats. Oxyd

Das Bild zeigt zwei Richter, die hoch oben thronen und mit verzerrten Gesichtern nach unten auf einen leeren Stuhl blicken. «Man spürt diese empfundenen Kraftverhältnisse sofort. Man sieht diesen übermächtigen Staat und den eigentlich schonungslos ausgesetzten Mensch auf der Anklagebank», erläutert Denzler.

Vom Gefängnis gezeichnet

Rund 400 Bilder malt Aleks Weber im Gefängnis. Viele zeigen ihn in seiner Zelle, mal als Skelett vor dem Fernseher, mal als trauriges Männlein auf der Pritsche. Auffällig ist, dass seine Bilder im Gefängnis viel konkreter in Form und Pinselführung sind.

Bild in einem Ausstellungsbereich.
Legende: «Vor Sulzers Toren» zeigt menschliche Silhouetten an Absperrungsgittern. Sie sollen Aleks Weber und seinen Freund Popper zeigen. Während seiner Zeit im Untersuchungsgefängnis liess Weber die Gesichter übermalen. Oxyd

Vor und nach der Haft bestimmen expressive Pinselstriche, eine kräftige Farbigkeit und teils gezielte Formlosigkeit sein Schaffen. Daher ist es schwierig, Aleks Webers Werk einer bestimmten Stilrichtung zuzuordnen.

Sein Leben auf Leinwand

«Man versteht die 80er-Jahre aus meiner Sicht noch mal auf eine andere Art durch die Auseinandersetzung mit seinen Werken», sagt Kurator Julian Denzler. «Er bringt eine Dringlichkeit in die Kunst, die immer noch sehr notwendig ist. Deshalb ist es mir wichtig, Maler wie ihn wieder zu zeigen.»

Ausstellungshinweis

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Die Ausstellung « ALEKS WEBER – Malen gegen die Enge » findet in den Kunsträumen Oxyd in Winterhur noch bis zum. 29. Oktober 2023 statt.

1994 stirbt Aleks Weber im Alter von nur 33 Jahren an Aids. Vermutlich hat er sich während seines Gefängnisaufenthaltes mit einer verunreinigten Spritze infiziert. In der Ausstellung ist ein Bild zu sehen, das eine Spritze, einen Metalllöffel, eine Pistole und einen Apfel auf einem Tisch zeigt. Ein Stillleben ganz nach Aleks Weber.

Radio SRF 2 Kutur, Kultur Aktualität, 04.09.2023, 08:06 Uhr ; 

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