Nur eines bleibt dieses Jahr gleich: Die ersten Kunstwerke sind bereits vor dem Start der Messe verkauft. Und Erfolgsmeldungen über gute Verkaufszahlen machen rasch die Runde. Aber sonst ist an der Art Basel alles anders als in anderen Jahren. Denn die Messe findet «online only» statt.
Nachdem im Frühjahr die Art Basel Hongkong abgesagt werden musste, war Anfang Juni klar: Auch die Basler Ausgabe wird nur online stattfinden. Und die Art Basel setzte wie zahlreiche Galerien auf digitale Strategien. « Online Viewing Rooms » heisst das Zauberwort.
Filtern, Zoomen, Sortieren
Über 280 Galerien zeigen ihre Kunstwerke auf der Website der Art Basel. Man klickt sich durch und ist ernüchtert: Das physische Erlebnis von Kunst fehlt.
Dafür sind gute Fotos von Kunstwerken zu sehen, in die sich einfach reinzoomen lässt. Über Filter können Besucherinnen und Besucher ihren eigenen Rundgang zusammenstellen. Durch eine Galerie nach der anderen oder durch alle angebotenen Werke von Louise Bourgeois beispielsweise.
Weniger Kontakt, dafür mehr Werke
Art-Basel-Direktor Marc Spiegler redet nichts schön, hat aber auch keine Angst, dass die Messe nun zum Online-Kunst-Supermarkt à la Amazon werden könnte. Vieles bleibe sich gleich: Auf dem Kunstmarkt zählten nach wie vor Beziehungen und Vertrauensverhältnisse.
Spiegler erkennt sogar Vorteile der Online-Ausgabe: «In früheren Jahren besuchte ein Sammler die Messe während eines Tages und sah 40 Galerien. Jetzt sieht er 280.»
Der Kunstmarkt funktioniere auch online, davon ist Spiegler überzeugt. Bloss anders. Zustimmung erhält er von James Koch, Partner und Direktor der international tätigen Galerie Hauser & Wirth in der Schweiz: «Das Erlebnis des Originals kann man nicht ersetzen, aber ein Vorteil der Viewing Rooms ist: Sie sind 24 Stunden offen.»
Preis-Transparenz nur bis zur Millionengrenze
Während Preise auf Kunstmessen üblicherweise nicht angeschrieben werden, hat jedes Kunstwerk auf der digitalen Art Basel einen Preis. Zumindest in den unteren Segmenten herrscht Klarheit, alles über einer Million Dollar muss nach wie vor erfragt werden.
Das ist für den Kunstmarkt und seine Traditionen, die zu grossen Teilen aus dem 18. Jahrhundert stammen, ein grosser Schritt und eine Konzession ans Online-Shopping. Das Bisschen mehr Transparenz gilt allerdings bloss für die «Online Viewing Rooms» der Art Basel. Die Preise der Kunstwerke auf Homepages wie jener von Hauser & Wirth sind nicht angegeben und müssen erfragt werden.
Kunstmarktexperten wie Scott Reyburn von der «New York Times» sind mit Blick auf die Verkaufszahlen online durchgeführter Auktionen skeptisch, was die Erfolgschancen angeht .
Galerien und Kunstmessen äussern sich hingegen optimistisch. Wenigstens sind die Beschränkungen des digitalen Angebots klar – und auch die Chancen: Auf dem digitalen Kunstmarkt hat jeder Zugang. Auch das Vermitteln von Kontextinformationen ist online viel einfacher. Kein Wunder stecken die grossen Galerien, die sich das leisten können, viel Arbeit in ihre Websites.
Zukunft der Messen?
Dass durch die verstärkten digitalen Initiativen von Galerien die Kunstmessen in Zukunft überflüssig werden, glaubt keiner. Art-Basel-Direktor Marc Spiegler sieht eine hybride Zukunft mit digitalen Angeboten und realen Begegnungen.
Auch James Koch von Hauser & Wirth glaubt an die Zukunft von Kunstmessen: «Bloss wie die künftig aussehen werden in der realen Welt, darüber werden wir uns alle Gedanken machen müssen. Nicht nur in unserer Branche.»