Einst war Kunst aus Bienenwachs ganz grosse Mode unter Gläubigen und Sammlern. Lang ist’s her. Und so sorgt eine Ausstellung in den Florentiner Uffizien zur Wachskunst für grosses Aufsehen: die Ausstellung «Wax upon a time» zu einer kuriosen Wachsgeschichte.
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Bild 1 von 3. «Wax upon a time» ist die erste Ausstellung, die sich den florentinischen Wachsskulpturen aus dem 16. und 17. Jahrhundert widmet. Zu sehen ist unter anderem eine Wachsfigur der lesenden Maria Magdalena ... Bildquelle: Palazzo Pitti, Tesoro dei Granduchi.
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Bild 2 von 3. ... «Leda und der Schwan» von Martino Pasqualigo, bekannt als Martino dal Friso (1524–1580) ... Bildquelle: Chateau Écouen, Muséee National de la Renaissance.
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Bild 3 von 3. ... oder das Wachsbild «verdammte Seele» (Giulio de Grazia zugeschrieben, ungefähr 1600–1620). Bildquelle: Palazzo Pitti, Tesoro dei Granduchi.
Schon die antiken Griechen und Römer, Ägypter und Phönizier nutzten Bienenwachs. Etwa für Toten- und auch rituelle Masken. Doch während des Hochmittelalters wurde Bienenwachs zu einem immer öfter genutzten Material. Ab dem 12. Jahrhundert verzeichnen zeitgenössische Dokumente vor allem in Florenz immer mehr Opfergaben aus Wachs. In der Stadt der Arno entstand sogar eine Schule für Bienenwachsgestaltung. Diese Kunstform für religiöse Zwecke erlebte ihren Höhepunkt ab dem 14. Jahrhundert.
In der Renaissance gaben Adlige, Päpste und Florenzbesucher wie auch ein ottomanischer Pascha viel Geld für lebensgrosse Wachsdarstellungen von sich selbst aus. Wachsskulpturen in prächtigen Roben, die man der wundersamen Madonna in der Basilica della Santissima Annunziata vermachte. Viele dieser Skulpturen hingen auch von der Kirchendecke.
Verflüssigt und zu Kerzen umgegossen
Doch keines dieser Kunstwerke aus dem vergänglichen Material überlebte. In besonders heissen Sommern verflüssigten sie sich, und auch mangelnde Pflege gab vielen von ihnen den Rest. Während der politischen und religiösen Reformen von Grossherzog Pietro Leopoldo in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden die verbliebenen Wachsskulpturen zu schnöden Kerzen.
Neben der religiösen und weltlichen Wachskunstszene entstand ab dem späten 17. Jahrhundert die anatomische Wachskunst. Zunächst an der medizinischen Fakultät in Bologna und dann auch in Florenz. Dort wurde der sizilianische Abt, Bildhauer und Wachskünstler Gaetano Giulio Zumbo ein unbestrittener Meister seines Fachs, vor allem in Sachen anatomischer Darstellungen.
Todestheater
Zumbo schuf Relief- und Tableau-Bilder von grosser und erschreckender Eindringlichkeit. Diese Wachsbilder, sinnigerweise «Theater des Todes» genannt, zeigen Pesttote und verwesende Körper, aus Bäuchen hängende Gedärme, leidende nackte Leiber im Todeskampf, aber auch lieblich anmutende Krippenfiguren. Alles wie echt wirkend aus Bienenwachs. Die Ausstellung in den Uffizien zeigt übrigens eines der wenigen noch existierenden Todestheater.
Die anatomische Wachskunst wurde mit Beginn der wissenschaftlichen Erforschung des menschlichen Körpers während der Aufklärung äusserst beliebt. Bienenwachs eignet sich hervorragend zur originalgetreuen Wiedergabe von Haut, des Körperinneren und einzelner Organe.
Im 19. Jahrhundert verschwand das Material Wachs aus der Kunstszene. Edgar Degas war wohl der letzte Künstler, der auch mit Bienenwachs gearbeitet hat.