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Ausstellung über Ursula Rodel Als eine Punkerin die Frauen am Zürichberg einkleidete

Ihr Leben war unkonventionell und intensiv – so auch ihre Mode. Eine Ausstellung im Landesmuseum Zürich widmet sich dem Leben und Schaffen der Modepionierin.

Eine blonde Frau saust auf ihrem Motorrad durch Zürich. Es ist die Modedesignerin Ursula Rodel 1977. In Saus und Braus hat sie gelebt. Der Moderator der Sendung «Karussell» des Schweizer Fernsehens, bringt es in jenem Jahr auf den Punkt: «Die unkonventionelle Lebensart von Frau Rodel schlägt sich auch in ihrer Mode nieder», erzählt er.

Ihre Mode stellte sie ausschliesslich in den Dienst der Frau. «Ich mache eine Hülle, die durch die Persönlichkeit der Frau zu Mode wird», sagte Ursula Rodel 1982 in der Radiosendung «Persönlich». Damals war sie auf dem Zenit ihres Ruhms.

Wagemutig und wild

Ursula Rodel wurde 1945 im Aargau geboren. Nach der Kunstgewerbeschule Luzern ging sie 1968 ans Royal College of Fashion nach London. «Das war der Knaller», sagt Kuratorin Christina Sonderegger, die Ursula Rodel am Landesmuseum Zürich eine Hommage-Ausstellung widmet. «Da wusste sie, sie will Mode machen.»

Modezeichnung einer Frau im Elvis Look.
Legende: Das maskuline Frauenhemd ist von der Kleidung des Rockidols Elvis Presley inspiriert. Die Zeichnung gibt einen wilden, androgynen Look einer unabhängigen Frau wieder. Schweizerisches Nationalmuseum

Zurück in der Schweiz gründete sie bald einmal mit Katharina Bebié und Sissi Zoebeli das eigene Label mit Verkaufsladen «Thema Selection», das es bis heute gibt. Das war 1972. Ursula Rodel war dabei der kreative Kopf: «Sie war wagemutig und unkonventionell, ein bisschen wild», sagt die Kuratorin.

Mode für die Frauen vom Zürichberg

Es waren wilde Zeiten: Punk lief auch in der Schweiz zur Hochform auf: Ursula Rodel hat in Punk-Kreisen verkehrt. Doch Punk sei eigentlich nicht ihr Ding gewesen: «Sie hat zwar Leder, Latex, oder auch mal Nieten in ihre Entwürfe aufgenommen», sagt Christina Sonderegger. «Aber bei ihr standen an erster Stelle immer die qualitätvollen Stoffe, die guten Schnitte. Punk war das nicht.»

Schweizerisches Nationalmuseum
Legende: Nur ein Bruchteil ihrer Zeichnungen werden als Kleider realisiert. Die meisten liegen im Look-Book im Laden als Inspiration für die Kundinnen auf. Modezeichnung einer Frau in Hemd und hoher Hose.

Auch ihre Kundinnen wollten keine Punkmode: Es waren die gutbetuchten Frauen vom Zürichberg, die sich diese Kleidung leisten konnten. Die Künstler und Fotografinnen, die in ihrem Laden verkehrten, konnten das nicht.

Heftiges Leben, heftige Mode

Rodels Leben und ihr Wirken gingen untrennbar ineinander über. Das belegen persönliche Fotos und Erinnerungsbücher aus ihrem Nachlass. Sie geben Einblick in ihre Liebesbeziehungen, in ihre kurze und heftige Liebschaft zu Edwige Belmore, einer französischen Punkikone, oder in ihre grosse Liebe: «Sie hatte eine grosse Muse, die sie beflügelt hat», sagt Sonderegger.

Das war Irene Staub alias Lady Shiva, eine Edelprostituierte. «Sie war Model, Muse, Geliebte. Alles in einem.» Dass Irene Staub bei einem Motorradunfall 1989 starb, hat Ursula Rodel nie überwunden.

Ursula Rodel und Catherine Deneuve auf einem Polaroid.
Legende: Ursula Rodel und Catherine Deneuve freunden sich an – und verbringen sogar die Ferien miteinander. Schweizerisches Nationalmuseum

Bereits 1977 hat Ursula Rodel ihr kreatives Talent weiter ausgeschöpft und begonnen, Filmkostüme zu entwerfen. Auch für Catherine Deneuve in «Écoute Voir».

«Deneuve soll von einem breiten Lederjupe erst gar nicht begeistert gewesen sein», sagt die Kuratorin. Aus Skepsis wurde eine enge Freundschaft. Bald entwarf Rodel auch Deneuves private Garderobe.

Raus aus der Routine

1986 kams zum Bruch mit «Thema Selection.» Die Modepionierin verliess ihr eigenes Label. Etwas, das sie später bereut habe, denn sie konnte nie wieder an ihre Erfolge anknüpfen. Drogenexzesse und Abstürze prägten ihr Leben: «Rodel hat ein wildes Leben geführt, hat viel ausprobiert», sagt die Kuratorin.

2021 ist Ursula Rodel 76-jährig gestorben. «Ich glaube nur an ein Leben, aber an eine laufende Veränderung», sagte sie 1982 im Schweizer Radio. «Sobald etwas Routine wird, interessiert es mich nicht mehr.»

Veranstaltungshinweis

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Die Ausstellung « Wild und schön – Mode von Ursula Rodel » ist im Landesmuseum Zürich bis zum 31. März 2024 zu sehen.

Buchhinweis:

Gina Bucher: «Female Chic. Thema Selection – Geschichte eines Modelabels». Edition Patrick Frey, 2015.

Radio SRF 2 Kultur, Künste im Gespräch, 31.8.2023, 9:03 Uhr

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