Zum Inhalt springen
Ein oranger Steg auf einem See. Auf dem Steg laufen viele Leute.
Legende: Die Magie des Iseo-Sees hat Christo angezogen: Vor einem Jahr entstand darauf seine grosse Installation. Wolfgang Volz / Taschen Verlag

Buchpräsentation Über das Wasser in die Wüste: Christo geht neue Wege

Letztes Jahr entstand auf dem Iseo-See seine Installation «The Floating Piers». In Basel stellte Christo sein gleichnamiges Werkbuch vor – und sprach über sein nächstes Projekt.

Gut gelaunt und mit tatkräftigen Schritten läuft Christo in den Garten der Fondation Beyeler in Basel. Er wird mit Blumen begrüsst, die er lässig und mit einem verschmitzten Lächeln entgegennimmt. Der Verpackungskünstler ist eben 81 Jahre alt geworden und kein bisschen müde.

Sein Elan und seine Begeisterung für die Kunst sind ungebrochen. Im Garten der Fondation Beyeler soll der alte Meister die Sammler begrüssen und die Collector’s Edition zur Kunstinstallation «The Floating Piers» vorstellen.

Ein Porträt des Künstlers Christo.
Legende: Blickt in einem Buch auf sein Werk zurück: der Verpackungskünstler Christo. srf

Das erste Werk ohne seine Frau

Das Buch ist ein Rückblick auf die Kunstinstallation, die Christo im Jahr 2016 realisierte. Es ist das erste Werk, das der Künstler ohne Jeanne-Claude vollendete. Klar, sind viele Emotionen damit verbunden.

Kunst muss die Leute berühren. Das war Christos Frau wichtig. «Unsere Kunst steht nur für die Freude und Schönheit», pflegte die Grande Dame zu sagen.

Das Buch «The Floating Piers», das Einblicke in die Welt des Künstlers und den Entstehungsprozess der Kunstinstallation gibt, ist auch eine Hommage an seine im Jahr 2009 verstorbene Frau.

Ein oranger Steg auf einem See.
Legende: Auf seinem Steg sollen Leute ziellos, aber sinnlich laufen: Christo will mit seiner Kunst Gefühle vermitteln. Wolfgang Volz / Taschen Verlag

Keine Genehmigung, keine Kunst

Die Idee, Wege über Wasser zu bauen, entstand bereits in den 1970er-Jahren und bezauberte das Künstlerpaar. Zunächst hatten Christo und Jeanne-Claude das Projekt in Argentinien und Japan angedacht. Doch sie erhielten keine Genehmigung.

Im Jahr 2016 sollte es endlich gelingen – auf dem Lago die Iseo. Ein Ort, den Christo als ideal bezeichnet. Der Künstler erinnert sich gerne an das besondere Erlebnis, das er empfand, als er zum ersten Mal barfuss über die schwimmenden Stege lief.

Weg ohne Ziel

«Die Leute besuchen Freunde, sie gehen einkaufen, erledigen viele Dinge und dann plötzlich kommt ein Weg, der kein Ziel mehr verfolgt. Das einzige Ziel, das dieser Weg vermittelt, ist das neue Gefühl unter den Füssen. Viele Leute haben ihre Schuhe ausgezogen, weil sie plötzlich gemerkt haben, dass sie dieses Gefühl geniessen. Es war sinnlich und sexy», sagt er Künstler und lacht. «Vor allem aber war es ein einmaliges Erlebnis. Genau so muss das sein. Ich mag es nicht, Kunst zu reproduzieren.»

Leute spazieren über einen orangen Steg auf einem See.
Legende: Die Idee, Wege über Wasser zu bauen, entstand in den 1970er-Jahren. Wolfgang Volz / Taschen Verlag

Hungern, arbeiten, treppensteigen

Auf sein Alter angesprochen, betont Christo, dass er sehr auf seine Gesundheit achte. «Tagsüber arbeite ich jeweils mit leerem Magen. Das macht mich viel energievoller», sagt der Künstler.

«Zuhause arbeite ich jeden Tag 14 bis 15 Stunden am Stehpult. Ich verzichte auf Fahrstühle und nehme nur Treppenstufen. Zuhause sind es insgesamt 90. Die nehme ich täglich mindestens 25 Mal (lacht). Ich mag es einfach, nicht zu sitzen – das ist alles.»

Scheitern bis der Scheich kommt

Auf sein nächstes Projekt angesprochen, kommt der Altmeister ins Sprudeln. In der Wüste von Abu Dhabi soll eine riesige Skulptur aus 400‘000 Ölfässern entstehen. Mastaba, so nennt sich das Werk, soll grösser als die Pyramiden von Gizeh und eine permanente Installation werden. Christo nennt es auch sein Lebenswerk.

Buchhinweis

Box aufklappen Box zuklappen

Christo und Jeanne-Claude: «The Floating Piers. Lake Iseao, Italy, 2014-2016». Taschen Verlag.

«Es ist das Projekt, an dem wir vermutlich am längsten gearbeitet haben», erklärt er und erzählt, wie er immer wieder an den nicht genehmigten Bewilligungen scheiterte. Bis er über einen Freund einen Scheich kennenlernte. «Es braucht den Zufall und ein bisschen Glück», ist Christo überzeugt.

Mastaba wird schon heute als das «achte Weltwunder» bezeichnet und wird mit seinen geschätzten 340 Millionen US-Dollar das vermutlich teuerste Kunstwerk der Welt.

Sendung: SRF 1, Kulturplatz, 21.06.2017, 22:25 Uhr

Meistgelesene Artikel