Dreh- und Angelpunkt jeder Arbeit von Anni Albers ist das Material. Es zu erforschen und kennen zu lernen, war ihre Grundlage. Ob Baumwolle, Chenille, Zellophan oder Lurex, mit allem experimentierte Albers und entwickelte daraus ihre Textilien. Ihre Arbeitsweise kreuzte Architektur mit Forschung und Gestaltung.
Ob sie schwarze und weisse Felder mit diversen Graus abtönte oder duftige Vorhänge aus goldenen Lurexfäden entwarf, das Werk der Künstlerin und Designerin Anni Albers bewegt sich zwischen Extremen.
Geboren wurde Anni Albers als Anneliese Fleischmann in Berlin. Die Tochter aus gutem Hause wollte Künstlerin werden, besuchte in den 1920er-Jahren das Bauhaus, die berühmte Reform-Kunstschule, und wurde wie viele andere Bauhaus-Schülerinnen nicht in die Kunst-, sondern in die Webklasse gesteckt.
Die DNA des Bauhaus prägt ihr Werk
Sie habe das ein wenig «sissy» gefunden, so Albers viel später in einem Interview. Sinngemäss also «eher unnötig». Nachzuhören ist das – und noch viel mehr – in der Anni Albers-Episode des Podcasts «Dialogues» von Helen Molesworth.
Bald jedoch freundete sie sich mit dem Webstuhl an. Anni Albers habe Textilien zugehört und ihre Sprache gesprochen, erinnert sich Brenda Danilowitz, Chefkuratorin der «Josef and Anni Albers Foundation». Mit Fabienne Eggelhöfer hat sie die aktuelle Ausstellung im Berner «Zentrum Paul Klee» kuratiert.
«Es ging ihr nicht ums Dekorieren», sagt Brenda Danilowitz. Anni Albers' Textilien sind klar, reduziert, funktional, elegant. Sie stehen für die DNA des Bauhaus. Auch als die Künstlerin längst nicht mehr in Deutschland ist.
Von Bettüberwürfen im Studi-Wohnheim bis zu Luxus-Wandteppichen
1933 emigriert Anni Albers mit ihrem Mann Josef in die USA. Sie stammt aus einer jüdischen Familie. Er bekommt zum rechten Zeitpunkt einen Lehrauftrag.
Anders als viele andere Künstlerinnen und Designer, die aus Europa fliehen mussten, konnte Anni Albers ihre Karriere im Exil fortsetzen. Sie schlug in den USA Wuzeln, entdeckte die präkolumbische Kunst in Mexiko, die sie ihr Leben lang beeinflusste. Kunst interessierte sie als transhistorisches Element, als etwas, das Bestand hat und Kriege überdauert.
Anni Albers verband Kunst und Design scheinbar mühelos. Sie schuf funktionsfreie textile Bilder und hochfunktionale Bettüberwürfe für Studentenheime, die Flecken gnädig verbargen. Sie gestaltete luxuriös glänzende Wandteppiche für Edelfirmen wie «Knoll Furniture» und kunstvolle goldene Paneele, hinter denen in Synagogen die Tora bewahrt wird. Mit ihren Textilien, ihren Schriften und ihrer Lehre bereitete sie den Weg für heute berühmte Textilkünstlerinnen wie Cecilia Vicuña oder Sheila Nicks.