Das Wichtigste in Kürze
- Der Galerist Jean-Claude Freymond-Guth musste seine Galerie schliessen. Die heutige Marktsituation funktioniere für die meisten Künstler und Galerien nicht, sagt er.
- Die Kunstszene ist im Umbruch: Die klassischen Kunstsammler verschwinden, die verbleibenden kaufen weniger.
- Galeristen müssen in einer unübersichtlich gewordenen Anzahl von Künstlern und Werken ständig neues entdecken und kämpfen um die beschränkte Zahl ernsthafter Sammler.
Raues Klima
In der Schweizer Kunstszene war es ein Eklat: Der junge Basler Galerist Jean-Claude Freymond-Guth musste per September dieses Jahres seine Geschäftstätigkeit aufgeben.
«Ich sah keine langfristige Perspektive für die Galerie im heutigen rauen Klima mehr. Ehrlich gesagt auch nicht auf langfristiger wirtschaftlicher Sicht», sagte er zu artnet.com .
Entfremdung der Kunstszene
Zur abrupten Schliessung seiner Galerie veröffentlichte Freymond-Guth einen offenen Brief. Darin sprach er von einer «Entfremdung» von der Kunstszene. Es sei die wachsende Nachfrage nach konstanter globaler Beteiligung, Produktion und Konkurrenz, welche ihn dazu bringe, das System zu hinterfragen.
Dieses würde «nur für eine kleine Anzahl von Künstlern und Galerien funktionieren». Einige wenige Künstler werden von der Szene gehypt und für viel Geld gehandelt, andere haben dafür keine Chance.
Kunstliebhaber sterben aus
Die Kunstszene hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Einerseits verschwinden die klassischen Kunstsammler, wie auch der Anwalt und Kunstkenner Alexander Jolles bestätigt.
Die verbleibenden kaufen überdies weniger als früher, weil sie schlicht keinen Platz mehr haben oder die Bilder zu teuer wurden. Es gibt heute immer weniger junge Sammler, die ihr Geld für Kunst ausgeben.
Kunst als Wertanlage
Andrerseits wird Kunst immer weniger der Kunst wegen gekauft, sondern als Wertanlage angesehen. Diese Entwicklung konnte auch Freymond-Guth beobachten: «Wir verkaufen für 3000 Dollar oder für 300'000 Dollar». Das mache es für Galerien schwer, sich langfristig zu behaupten. Die Situation für die Galerien sei deshalb schwieriger geworden, sagt auch Jolles.
Sie müssen in einer unübersichtlich gewordenen Anzahl von Künstlern und Werken ständig neues entdecken und kämpfen um die letztlich doch beschränkte Zahl von ernsthaften Sammlern.
Man dürfe aber auch nicht vergessen, dass die Anzahl von Galerien in den letzten Jahren stark zugenommen habe, weshalb es früher oder später zu einer Konsolidierung kommen musste.
Wie soll es weitergehen?
Trotzdem findet Freymond-Guth die Veränderungen nicht bedauernswert. «Ich glaube nicht, dass es eine Tragödie ist», aber «ich glaube wir müssen die Strukturen diskutieren und neu verhandeln.» Deshalb sei der Zeitpunkt sehr interessant für Veränderungen im Markt. Und um innovative Ideen zu realisieren.
So gibt es etwa neue Modelle wie die Kunstmessen «Paris Internationale» oder «Paramount Ranch» oder auch das neue Ausstellungskonzept gemeinsamer, internationaler Galerien: die sogenannte «Condo».
Diesen Ideen ist gemein, dass junge Menschen sich selber organisieren und zurück zu einer Do-it-yourself-Kultur finden. Und bei dieser neuen Bewegung ist Freymond-Guth gerne mit dabei.