Khaya Witbooi hat seit 48 Stunden nicht geschlafen. Seine roten Augen verraten die durchzechte Nacht mit seinem Galeristen. Der junge Künstler aus Kapstadt hat allen Grund zu feiern, denn seine Bilder verkaufen sich gut. Sehr gut sogar! Am Vortag bekam er 7000 Franken für eines seiner Stücke.
In seinem kleinen Atelier in einem heruntergekommen Teil der Stadt probiert Khaya Witbooi schon wieder neue Ideen aus. Leinwand ist teuer und so wird die Hauswand zum Experimentierfeld. Witbooi hat sich noch nicht an den Gedanken gewöhnt, dass seine Kunst jetzt tatsächlich Geld einbringt und er sich Leinwand plötzlich leisten kann.
Fast alle Bilder verkauft
Wenige Kilometer weiter und doch Welten entfernt, schoben sich im Februar Kunstliebhaber aus aller Welt durch die Gänge der Cape Town Art Fair. Die Messe liegt mitten in der V&A Waterfront, einem Werft- und Hafenviertel. Hier, wo sich Touristen, die Reichen und die Schönen der Welt tummeln, fand in diesem Jahr die Messe zum dritten Mal statt.
Die Cape Town Art Fair ist auf zeitgenössische afrikanische Kunst spezialisiert, ein boomendes Geschäft, das zurzeit international viel Aufmerksamkeit erregt. Auch Khaya Witboois Bilder hingen hier – zumindest die wenigen, die noch nicht verkauft wurden.
Kunst vom eigenen Kontinent kaufen
«Es sind nicht mehr nur westliche Sammler und Investoren, die diese Kunst kaufen, sondern auch immer mehr Afrikaner. Die rasant wachsende Mittelschicht des Kontinentes und die steigende Zahl der Wohlhabenden interessiert sich immer mehr für moderne Kunst von ihrem Kontinent. Das führt dazu, dass sich die gesamte Infrastruktur ändert. In Städten wie Lagos, Nairobi und Johannesburg entsteht eine lebhafte Galerienszene», so Joachim Melchers von der ARTCO Gallery Aachen.
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Der deutsche Galerist hatte einen Stand an der Art Fair Cape Town und überlegt ernsthaft, eine Zweigstelle in Kapstadt zu eröffnen. Neben dem wachsenden Interesse einheimischer Käufer an zeitgenössischer afrikanischer Kunst hat das einen weiteren handfesten Grund.
Ein Mammut-Museumsprojekt
Nicht weit entfernt, in Sichtweite der Messe, entsteht eines der zurzeit vielleicht interessantesten Projekte in der internationalen Kunstwelt. Ein alter Getreidespeicher wird zum Museum of Contemporary African Art, dem Zeitz MOCAA, umgebaut. Auf etwa 10'000 Quadratmetern soll ab 2017 ausschliesslich zeitgenössische afrikanische Kunst ausgestellt werden.
Basis der permanenten Ausstellung wird die umfangreiche Sammlung des Unternehmers, Philanthropen und Gründers des MOCAA, Jochen Zeitz. Der ehemalige Puma-Chef sammelt seit etwa zehn Jahren gezielt moderne afrikanische Kunst, um den Grundstock des Museums zu bilden, und ist heute weltweit einer der grössten Sammler. Das Zeitz MOCAA ist als Non-Profit-Projekt konzipiert.
Kapstadt, das neue Mekka für Galeristen?
Rund um das MOCAA werden sich viele Galerien wie die von Joachim Melcher ansiedeln. Die New Yorker Kuratorin und Kunstkritikerin RoseLee Goldberg, die für die Kunstmesse nach Kapstadt geflogen ist, sagt: «Ein Museum dieses Kalibers wird die Verhältnisse auf dem internationalen Kunstmarkt massiv zugunsten afrikanischer Kunst verschieben und jungen afrikanischen Künstlern auch ganz neue Perspektiven bieten».
In seinem Mini-Atelier beschäftigt sich Khaya Witbooi mit ganz anderen Dingen. «Wir wollen mit unserer Kunst einfach nur Geschichten erzählen. Sie soll nicht den Ansprüchen Anderer genügen. Wir wollen einfach nur authentisch bleiben», so Witbooi. Das wird schwierig. Wo viel Geld investiert wird, ist Kommerzialisierung meist nicht weit. Bleibt zu hoffen, dass Khaya Witbooi seine kraftvolle Kreativität beibehält.