Soll teure Kunst verkauft werden, um kommunale Projekte zu finanzieren? Das wird derzeit in Italien diskutiert. Wertvolles gibt es genug, darunter auch Werke, die auf dem internationalen Kunstmarkt viel Geld einbringen könnten. Da liegt es nahe, dass Bürgermeister mit leeren Stadtkassen auf verwegene Ideen kommen.
So liebäugeln Venedigs Kommunalpolitiker seit Jahren mit dem Verkauf eines Gemäldes von Gustav Klimt. Das fast zwei Meter hohe Ölbild «Judith II» stammt aus dem Jahr 1909, der sogenannten goldenen Periode des Malers.
Derzeit hängt es im venezianischen Museum für moderne Kunst im Palazzo Ca’ Pesaro. Auf dem Kunstmarkt würde das berühmte Werk rund 120 Millionen Franken kosten.
Ein Kicker-Stadion für einen Klimt
Venedigs rechter Bürgermeister Luigi Brugnaro könnte den Gegenwert des Klimt-Gemäldes gut gebrauchen. Denn wahrscheinlich entfallen EU-Gelder für ein geplantes städtisches Sportstadion.
Noch drohen Venedigs Lokalpolitiker nur mit dem Kunstverkauf und bringen damit einen Gutteil der italienischen Öffentlichkeit gegen sich auf. Vor allem Kunsthistoriker, Museumsdirektoren und Vereinigungen zum Schutz von Kunstwerken. Noch verweisen diese Politiker darauf, dass sie ja nur scherzen. Doch ihre Scherze, so die Befürchtung, könnten wahre Absichten verbergen.
Kolosseum zu verkaufen?
Das Thema des Verkaufs bedeutender Kunstwerke und historischer Monumente ist ein Sujet, das in italienischen Filmkomödien immer wieder thematisiert wird. Da wird versucht, unbedarften Touristen, vor allem aus den USA, das Kolosseum oder auch den Trevibrunnen in Rom zu verkaufen.
Doch so einfach ist es nicht in Italien, Kulturgüter in öffentlicher und auch in privater Hand zu Geld zu machen. Im Gegenteil. Nach der bestehenden Gesetzgebung dürfen bedeutende Kunstwerke a priori nicht ausser Landes gebracht werden. Sie müssen innerhalb Italiens verkauft werden. Dabei hat der Staat ein Vorkaufsrecht. Ob der hoch verschuldete italienische Staat dafür auch das Geld hat, ist eine andere Frage.
Abschreckende Auflagen
Auch historische Gebäude können nicht einfach verkauft werden. Und wenn, dann müssen die neuen Eigentümer strengste Auflagen in Sachen Restaurierung und Nutzung einhalten. Umbauten sind in diesen Fällen undenkbar.
Aus diesem Grund zieht sich etwa der Verkauf des barocken Palazzo Casino dell’Aurora in Rom, mit dem einzigen bekannten Freskenbild des Malers Caravaggio, in die Länge. Das gilt auch für den prächtigen und mit Wandmalereien der Renaissance geschmückten Palazzo Sacchetti in der Via Giuglia. Es findet sich kein Käufer, der die strengen Vorschriften der Altertümerbehörde einhalten will.
Noch drohen Lokalpolitiker wie in Venedig nur mit dem Verkauf berühmter Kunstwerke. Doch nicht ausgeschlossen ist, dass irgendwann einmal eine Regierung in Rom, vor allem angesichts eines immer dramatischeren Schuldendrucks, die derzeit strengen Regeln zum Verkauf von Kunstwerken und historischen Monumenten in öffentlicher Hand lockern könnte.