Zu Trubschachen fällt manch einem Stadtzürcher oder Basellandschäftler wohl bestenfalls E.Y. Meyer’s Roman oder die ansässige Biskuitfabrik Kambly ein.
Aber sonst? Sonst ist da zum Beispiel noch die ziemlich hochkarätige Kunstausstellung, die alle vier Jahre stattfindet, jeweils rund 25'000 Besucherinnen und Besucher ins Emmental lockt und das Dorf während drei Wochen in einen regelrechten Ausnahmezustand versetzt.
Jetzt ist es wieder so weit: Bis zum 21. Juli sind in den Klassenzimmern und Turnhallen zweier Schulhäuser zahlreiche Gemälde von Cuno Amiet, Giovanni Segantini, Augusto Giacometti und einem Dutzend weiterer, auch zeitgenössischer Künstler ausgestellt.
Über 400 Freiwillige
Wie geht das, dass ein kleines Dorf, ganz am östlichen Rand des Kantons Bern gelegen, eine solch hochkarätige Kunstausstellung auf die Beine bringt? Die Antwort heisst: dank einer Vielzahl von Freiwilligen, Ehrenamtlichen, Engagierten. Trubschachen hat bloss knapp vierzehnhundert Einwohner, aber Trubschachen hat auch über 400 Freiwillige, die drei Wochen lang Hand anlegen und als Kassenfrau, Aufsichtspersonal oder in der Cafeteria arbeiten. Oder die vor- und nachmittags Gruppen Interessierter durch die Ausstellung führen.
Abgestimmte Blumenpracht
Eine ganz besondere Aufgabe haben die insgesamt 17 Bäuerinnen, welche die Ausstellung mit riesigen Blumensträussen und -arrangements dekorieren und für eine einzigartige Ambiance sorgen. Die Blumen sind ein Markenzeichen der Trubschachner Ausstellung. Die Blumenfrauen überlegen sich jeweils ganz genau, welche Gestecke in welchen Raum kommen: Die farbenfrohen Bilder von Cuno Amiet werden von üppig-ausladenden Blumensträussen flankiert, während ein dezentes Gräsergesteck die Melancholie der Landschaftsbilder von Jean-Bloé Niestlé aufnimmt.
Dem Kulturverein rund um Präsident Oscar Kambly gelingt es immer wieder, von privaten Sammlern und Leihgebern Werke zu organisieren, um welche ihn grosse Museen beneiden. Die «Frau im Blumengarten» von Cuno Amiet zum Beispiel wurde seit zwanzig Jahren nie mehr an einer Ausstellung gezeigt – in Trubschachen hängt sie vor der akkurat verdeckten Kletterstange in der Turnhalle.
Langjährige Kontakte
Die Kooperationsbereitschaft der privaten Sammler sei unglaublich, sagt Oscar Kambly – und das dürfte mit der langen Geschichte der Trubschacher Kunstausstellung zu tun haben: 1964 fand die erste Schau statt, initiiert vom damaligen Dorflehrer Walter Berger und dem Vater Oscar Kamblys. Die diesjährige Ausgabe ist die neunzehnte, und in all den Jahren hat sich eine tiefe und herzliche Beziehung zu vielen Kunstsammlern in der ganzen Schweiz entwickelt, von der die Ausstellungsmacher profitieren können und die dem weitgereisten Publikum zugute kommt.
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Ein Fest fürs Auge
Eine Spezialität der Kunstausstellung Trubschachen besteht zudem darin, dass keine Werke gezeigt werden, die «deprimierend oder destruktiv wirken». Die Ausstellung soll «ein Fest fürs Auge» sein, soll «das Gute, Schöne und Wahre» darstellen, wie Oscar Kambly sagt – und nicht das Elend und Grauen der Welt thematisieren. «Das Publkum, das nach Trubschachen reist, soll mit dem Herzen schauen dürfen», sagt der Präsident des örtlichen Kulturvereins.
Apropos Publikum: Die Gründer wollten ursprünglich mit der Ausstellung «jenen, die nicht ins Museum gehen können, die Kunstwerke hinaus mitten ins Leben bringen».
Heute, fast 50 Jahre später, strömen Menschen aus der ganzen Schweiz zur einzigartigen Kunstschau ins Emmental. Kein Wunder.