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Porträt zum Kunstdetektiv Arthur Brand
Aus Kultur-Aktualität vom 05.11.2019. Bild: Niklas HALLE'N / AFP
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Kunstdetektiv Arthur Brand Mit Kunstdieben per Du

Um geraubte Wertgegenstände aufzuspüren, bewegt sich Arthur Brand geschickt zwischen der legalen Ober- und der illegalen Unterwelt.

Das Bild des verschwundenen Picassos aufzustöbern, war gar nicht so einfach. Aber Arthur Brand hat ihn gefunden – bei einem Drogenschieber.

In der Welt der Kunstschmuggler sei das keine Ausnahme, erzählt der 49-Jährige Kunstfahnder. Es komme vor, dass ein Käufer 20 Kilogramm Drogen bestelle, aber nur die Hälfte bezahlen könne. Den Rest begleiche er mit einem Picasso «von meiner Mutti» mit dem Hinweis, in 10 Tagen das restliche Geld zu bringen und das Gemälde wieder mitzunehmen.

Mann vor Bücherwand
Legende: Arthur Brand, der Mann mit der feinen Nase für gestohlene Kunst. Elsbeth Gugger

«Aber die kommen natürlich nicht zurück.» Das habe seine Erfahrung in den letzten zwei Jahrzehnten gezeigt. Ein Geprellter setze das Kunstwerk vielmehr bei einem anderen schmutzigen Deal wieder ein.

«70 Millionen an meiner Wand»

Im Fall der verloren geglaubten «Buste de Femme», die Picasso 1938 gemalt hat, bekam der Kunstdetektiv einen telefonischen Tipp. Er machte sich auf die Suche, fragte in der Szene nach und wurde drei Jahre später fündig. Diesen «Besitzer» habe er mit seinen Recherchen konfrontiert und gedroht: «Wenn du mir das Kunstwerk nicht zurückgibst, gehe ich zur Polizei.»

Die Worte blieben nicht ohne Wirkung. Der Mann aus der Unterwelt händigte Brand das Original aus, das dieser eine Nacht lang bei sich zu Hause aufhängte: «70 Millionen an meiner Wand. Es war toll.»

Griechische Münzen

Zu seinem speziellen Beruf kam Arthur Brand wie die Jungfrau zum Kind. Als Student sammelte er alte griechische Münzen und stiess dabei auf Fälschungen. Wissbegierig wie er war, wollte er mehr wissen.

Arthur Brand kniet neben zwei Kunstwerken.
Legende: «Für das, was ich mache, gibt es keine Ausbildung»: Arthur Brand mit aufgespürtem Diebesgut, alte Reliefs aus Spanien. Jan HENNOP / AFP

Weil es auf diesem Gebiet aber keine schulische Ausbildung gibt, ging er ein paar Jahre bei einem Kunstschmuggler in die Lehre und kam so mit zahlreichen Protagonisten aus der Branche in Kontakt. Mittlerweile kenne er fast alle Fälscher, Kriminelle, Polizisten und Sammler. «Und ich sitze da mittendrin», sagt der Selfmadefahnder vergnügt.

Keinen bei der Polizei verpfeifen

Der kettenrauchende Kunstermittler, der übrigens weder einen Führerschein noch ein modernes Handy besitzt, fühlt sich im zwielichtigen Gebiet zwischen der legalen Oberwelt von Museen, Sammlern und der Polizei sowie der düsteren Unterwelt der Kriminellen wie ein Fisch im Wasser. Zwischen den beiden befeindeten Lagern gebe es einen Abgrund, den man nicht überschreiten könne, erklärt Arthur Brand: «Aber ich habe eine Brücke gefunden und auf der laufe ich hin und her.»

Dass beide Seiten das Gespräch mit ihm suchen, liegt daran, dass die Kunstspürnase einzig und allein die gestohlenen Werke wieder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen will. Was die Kriminellen auf dem Kerbholz haben, interessiert Brand nicht – er würde denn auch keinen bei der Polizei verpfeifen.

Kunstdiebstahl für jährlich 8 Milliarden Euro

Mit dieser Haltung hat sich der joviale Niederländer bei allen Beteiligten viel Vertrauen aufgebaut. Die Museen rufen ihn zu Hilfe, wenn die Polizei den Kunstraub in ihrem Haus ungelöst zu den Akten gelegt hat. Und die Verbrecher melden sich bei ihm, wenn sie «heisse Ware» loswerden wollen, ohne dafür eine Gefängnisstrafe zu riskieren.

Dank dieser Strategie gelingt es Arthur Brand immer wieder, die gestohlenen Werke dem rechtmässigen Besitzer zurückzugeben. Und weil jedes Jahr Kunst im Wert von 7 bis 8 Milliarden Euro gestohlen wird, wird ihm die Arbeit so schnell nicht ausgehen.

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