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Kunstvolle Mechanik Poetische Maschinen mit Hintergedanken

Paul Gugelmanns Werke locken jährlich 5500 Besucher nach Schönenwerd. Die bewegten Skulpturen des Solothurner Künstlers sind voller Gesellschaftskritik und Witz.

Alles klingt, alles ist in Bewegung im Paul Gugelmann-Museum. «Poetische Maschinen» – so nennt der 88-jährige Künstler seine Werke aus Messing und Kupfer. Er zieht sie für die Vorführung mit einem Schlüssel auf.

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Spielerische Gesellschaftkritik

Die Maschinen sind spielerisch, gleichzeitig regen sie zum Nachdenken an. Denn der Künstler geht beim Entwerfen immer von einem Thema aus, das sich auch im Titel der Arbeit spiegelt – wie «Fortschritt», «Der Verliebte» oder «Heuchelei».

Bei der Arbeit an den poetischen Maschinen fühlte ich mich völlig frei.

Oft schwingen auch gesellschaftskritische Töne mit. Um die Frage nach der Verhältnismässigkeit geht es in der «Rückenkratz-Maschine»: Ein strampelt kleines Männchen, um ein komplexes Räderwerk in Gang zu setzen – nur, damit am Ende ein winziges Händchen ihren Rücken kratzt. «Viel Aufwand für nichts», sagt Paul Gugelmann.

Bei der Arbeit an den poetischen Maschinen fühlte ich mich völlig frei.

Seit 55 Jahren baut Paul Gugelmann poetische Maschinen, hunderte von Stunden stecken in jedem Werk. Dabei hat er sie immer neben seinem Beruf als Grafiker und Modezeichner entworfen und gebaut.

Vom Spielzeug zum Kunstwerk

Wenn Paul Gugelmann auf sein Leben zurückblickt, klingt alles nach glücklicher Fügung: Mit 21 Jahren bekam der junge Solothurner die Chance, in Paris das Kreationsstudio des Schuh-Herstellers Bally zu leiten. Dort hatte er mit bekannten Couturies zu tun und genoss es, die vielen Museen der Stadt zu erkunden.

Sommer-Serie «Museum»

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Wir begeben uns auf Streifzug durch die Museumslandschaft Schweiz – ab 24. Juli 2017 werktags um 17:22 Uhr auf Radio SRF 2 Kultur.

Anfang der 60er-Jahre baute er, angeregt vom Spielzeug seines Sohnes, eine erste Maschine. Er hatte solchen Spass daran, dass bald weitere folgten.

Gugelmann streifte am Wochenende durch die Pariser Flohmärkte, um Messingteile zu sammeln, und stand täglich um fünf Uhr morgens auf, um in der Küche an den Maschinen zu arbeiten. «Das war anregend. Ich fühlte mich völlig frei.»

Werke sind unverkäuflich

Da er seinen Beruf mochte und ein Einkommen hatte, musste er seine Werke nicht verkaufen. Er freute sich zwar über die positive Resonanz, die er bei einigen Ausstellungen bekam, doch danach lagerte er die Maschinen jeweils in Kisten ein – Angebote von vermögenden Sammlern schlug er aus.

Seine Heimatgemeinde Schönenwerd fand es schade, dass die Maschinen nicht zu sehen sind. Sie stellte darum 1996 ein altes Klostergebäude für eine ständige Ausstellung zur Verfügung. So kam Paul Gugelmann zu einem Museum zu Lebzeiten.

Und es nimmt kein Ende

Das Museum steht gleich neben seinem Geburtshaus. Hier tüftelte er schon als Kind an Mamas Nähmaschine, bis sie aus Rahm Butter schlagen konnte – eine nützliche Erfindung für die neunköpfige Familie.

Museen der Schweiz

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In kaum einem Land der Welt ist die Museumsdichte so hoch wie in der Schweiz. Aktuell sind es laut Bundesamt für Kultur 1111 Institutionen. Wir stellen während zwei Wochen kleine und mittelgrosse Häuser vor, die mit originellen Themen und spannenden Ausstellungs-Konzepten überraschen.

Heute gehören Paul Gugelmanns Werke einer Stiftung, die das Museum betreibt. Noch immer kommen neue Werke dazu, denn Paul Gugelmann arbeitet weiterhin täglich während sechs Stunden in seiner Werkstatt. Sein Lieblinswerk? «Meine liebste Maschine ist immer die, an der ich gerade arbeiten».

Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 28.7.17, 17:20 Uhr

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