Schon der Anfang war nicht einfach für das MuDA: An seiner ersten Ausstellung stellte das Museum die ausrangierte Fallblattanzeige des Zürcher Hauptbahnhofs aus. Das Künstlerduo Gysin-Vanetti hatte sie so umprogrammiert, dass sie statt Abfahrts- und Ankunftszeiten einfache Muster zeigte.
Die riesige Tafel war siebeneinhalb Tonnen schwer und über 13 Meter breit – zu gross für die Tür des neu eröffneten Museums im Parterre des Zürcher Herdern-Hochhauses. «Die Tür war zu klein und wir mussten eine neue machen», erinnert sich Christian Etter lachend. «Das war nicht ganz unproblematisch, weil das Gebäude denkmalgeschützt ist.»
Die Ästhetik des Computer-Codes
Etter hat das MuDA zusammen mit Caroline Hirt im Februar 2016 aus der Taufe gehoben. Als Museum für digitale Kunst – sei es als Installation oder virtuell auf einem Bildschirm – nahm das MuDA eine Pionierrolle ein: «Wir waren die ersten in Europa, die sich auf digitale Kunst in physischer Form konzentriert haben», sagt Christian Etter.
Digitale Kunst war für Hirt und Etter allerdings immer mehr als bloss ein Bildschirm, auf dem zum Beispiel eine Animation zu sehen ist. Den beiden war immer auch das wichtig, was solche Kunst erst möglich macht: Die Nullen und Einsen des Computer-Codes.
«Mathematik, Geometrie, Regeln – uns ging es letztlich darum, diese Schönheit der Zahlen zu zeigen. Es war sekundär, ob das Werk dann auf einem Bildschirm zu sehen war oder in einer Roboter-Installation», so Etter.
Grosse Namen nach Zürich geholt
Zehn Ausstellungen in vier Jahren hat das MuDA gezeigt und daneben auch Dutzende von Vorträgen und Workshops organisiert. Unter den gezeigten Künstlerinnen und Künstlern waren bekannte Namen wie etwa die 96-jährige Vera Molnár.
Seit den 1960er-Jahren setzt sie den Computer als Hilfsmittel in ihrem Werk ein. Damit ist sie sozusagen die Grande Dame der digitalen Kunst.
«In der kurzen Zeit, in der es uns gab, konnten wir die grössten Namen der digitalen Kunst nach Zürich bringen», fasst Christian Etter zusammen. Künstler, die nicht des Geldes wegen gekommen seien, sondern weil sie das MuDA als Plattform schätzten. In einer anderen Kunstform, glaubt Etter, wäre das nicht möglich gewesen.
Eine Ironie des Schicksals
Dafür hätte es eine andere Kunstform vielleicht leichter gehabt mit der staatlichen Förderung. Mit gerade einmal 8000 Franken hat die Stadt Zürich das MuDA unterstützt – bei einem jährlichen Betriebsbudget von einer Viertelmillion kaum mehr als ein Tropfen auf den heissen Stein. Der Kanton, der ebenfalls Unterstützung versprochen hatte, zahlte am Ende gar nichts.
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So musste sich das MuDA vor allem über die Besuchereinnahmen finanzieren. Was bis zu diesem Frühling auch gut funktionierte. «Ironischerweise war es aber das, was uns am Ende das Genick brach», bilanziert Christian Etter.
Mit dem Corona-Notstand blieben die Besucher aus, die wichtigste Einnahmequelle für das kleine Museum fiel weg. Anderen Museen blieb die öffentliche Förderung. Das MuDA dagegen, das in den vier Jahren seines Bestehens keine Reserven bilden konnte, stand vor dem Aus.
Das grosse Thema des Museums hat sich nicht erledigt
Dabei hätten er und seine Museums-Partnerin Caroline Hirt noch viele Ideen gehabt, sagt Christian Etter etwas betrübt: Einen Raketen-Workshop mit Kindern zum Beispiel, bei dem Daten in der Atmosphäre gesammelt werden.
Und weiterhin einen kritischen Blick auf digitale Technologien zu werfen: «Um zu schauen, was das mit unserer Gesellschaft macht und aufzuzeigen, in welchem Verhältnis Daten, Algorithmen und der gesellschaftliche Wandel stehen.»
Deshalb sind die Macher auch besonders traurig, jetzt schliessen zu müssen. Denn das grosse Thema ihres Museums – die Digitalisierung der Gesellschaft – werde Jahr für Jahr nur wichtiger.