Zum Inhalt springen

Protest in Italiens Museen Darf man sich fürs Klima an Kunstwerke kleben?

Italienische Klimaaktivisten nutzen wiederholt Museen für ihre Proteste. Nun droht ihnen das Kulturministerium mit Strafverfolgung. Trotzdem wollen sie weitermachen.

Im Juli schlugen die Umweltaktivisten und -aktivistinnen von «Ultima Generazione», die letzte Generation, gleich zweimal zu: In den Uffizien in Florenz klebten sie ihre Hände an das Panzerglas vor Sandro Botticellis Gemälde «Der Frühling».

Ende Juli organisierten sie eine Aktion vor einer Skulptur des futuristischen Künstlers Umberto Boccioni im Mailänder Museum für die Kunst des 20. Jahrhunderts. Die Kunstwerke kamen dabei nicht zu Schaden.

Italiens Kulturszene ist gespalten

Sind Museen als Ort für zivilen Protest geeignet? An dieser Frage scheiden sich in Italiens Kunst- und Kulturszene die Geister. Eike Schmidt, der Museumsdirektor der Uffizien, und der italienische Kunsthistoriker Claudio Strinati verweisen auf das ausdrückliche Verbot privater Protestaktionen in öffentlichen Museen. In diesen Räumlichkeiten sind ausschliesslich Protestaktionen streikender Mitarbeitender erlaubt – und auch das nur unter strengen Auflagen.

Die Kunsthistorikerin und Buchautorin Roberta Bernabei und die Kulturmacherin Maria Bonmassar sehen das anders. Ihrer Meinung nach ist ein Museum ein öffentlicher Raum und somit auch ein Ort zivilen Protests. Vor allem, wenn es um eine gute Sache wie Umweltschutz und Umweltbewusstsein geht. Erlaubt sei, was der Kunst keinen Schaden zufügt, sagen sie.

Ein Mann zieht zwei Protestierende von einem Gemälde weg.
Legende: Die Protestierenden wurden später von dem Glas vor dem Kunstwerk gelöst und vom Sicherheitspersonal weggeschleift. Getty Images/Laura Lezza

Die Mitglieder von «Ultima Generazione» verweisen auf den Umstand, dass man in Italien mit Umweltschutzpolitik nicht weit kommt. Die grüne Partei schafft es bei Wahlen nicht einmal auf fünf Prozentpunkte. Zudem ist Mülltrennung für viele Italiener und Italienerinnen ein Fremdwort: Im ganzen Land werden sogar hochgiftige Abfälle illegal entsorgt. Die Müllmafia verdient daran ausgezeichnet.

Protestaktionen sollen weitergehen

Wie anderswo kam es auch in Italien vor der Pandemie zu Protestmärschen, die von der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg inspiriert waren. «Ultima Generazione» will aber noch einen Schritt weitergehen: Mit aufsehenerregenden Aktionen weisen sie darauf hin, dass jede und jeder etwas tun muss, um das Klima zu retten. Deshalb veranstalten sie die Museumsaktionen, die im September weitergehen sollen.

Inzwischen droht ihnen das Kulturministerium mit Verhaftungen und Strafverfolgung. Davon lassen sich die Umweltaktivisten jedoch nicht einschüchtern. Einer Umfrage der Tageszeitung ‹la Repubblica› zufolge, haben die Protestierenden einen Gutteil der Befragten auf ihrer Seite. 

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 08.08.2022, 17:20 Uhr

Meistgelesene Artikel