Dieses Bild sticht ins Auge: Der Sado-Maso-Darkroom eines Swingerclubs. Dunkel ist in diesem Darkroom allerdings gar nichts: Der Raum ist blitzblank und voll ausgeleuchtet.
Bei Tageslicht und so völlig ohne Gäste sieht der Darkroom nicht viel anders aus als irgendein Materialraum – mit etwas speziellen Gerätschaften. Das merkt man, wenn man im Bildband «Hidden – Verborgene Orte in der Schweiz» blättert.
Es sei beim Bild des Darkrooms nicht darum gegangen, voyeuristische Gefühle zu bedienen, sagt die Kunsthistorikerin und Kuratorin Catherine Iselin, die den Bildband mit dem Fotografen Kostas Maros gestaltet hat. «Wir wollten nicht im reisserischen Sinn versteckte Orte sichtbar machen. Sondern die Vielfalt der Räume zeigen, die normalerweise im Verborgenen bleiben.»
Pilze, Prothesen, Ejakulatorium
Zu sehen sind denn auch versteckte Orte ganz unterschiedlicher Art, querbeet durch Branchen und Bereiche: Ein abhörsicherer Saal im Bundeshaus. Klimatisierte Zuchträume für Edelpilze. Die Werkstatt eines Prothesenmachers. Ein Schlachthof. Das Ejakulatorium in einer Klinik für Reproduktionsmedizin.
«Das Faszinierende an diesen Orten ist, dass sie für jemanden Alltag sind – auch wenn sie uns als Betrachter ungewöhnlich, neu und besonders erscheinen», sagt Kuratorin Iselin.
Aber man erhält nicht nur einen Eindruck, in welchen Umgebungen Menschen arbeiten. Das Buch ist auch eine «Tour de Suisse» der besonderen Art, wie Iselin erläutert: «Verschiedene Orte stehen auch in irgendeiner Weise für die Schweiz.»
Gewollt menschenleer
Zu sehen sind etwa Räume aus Wissenschaft und Forschung: eine Reproduktionsklinik, das CERN in Genf. Auch die liberale Grundhaltung hierzulande zu vielen Fragen ist abgebildet: Man sieht etwa den Raum, in dem Fixer sich ganz legal einen Schuss setzen dürfen. Oder ein Zimmer, in dem eine Sterbehilfeorganisation Menschen in den Tod begleitet.
Was fehlt, sind die Menschen, die in diese Räume gehören. Das sei gewollt, erklärt Kostas Maros, der Fotograf der «Hidden Places»: «Das Konzept war es, die Räume sozusagen nackt zu zeigen, weil jeder Mensch dem Raum wieder eine persönliche Note gegeben hätte.» Die Hauptdarsteller sind ganz klar die Räume.
Dafür bleibt Raum für Interpretationen, meint Catherine Iselin: «Der Bildband ist keine Reportage, sondern ein Kunstprojekt. Es zwingt den Betrachter, den abgebildeten Ort anzuschauen, und für sich das Verborgene herauszulesen.»
Unheimlicher als jeder Darkroom
In einem Raum scheint es viel «gfürchiger» zu- und herzugehen als im Sadomaso-Raum des Swingerclubs: Erhängte baumeln da von der Decke, Skelette liegen herum, abgeschlagene Köpfe.
Alles aus Pappmaché. Wir befinden uns in der Werkstatt «Theaterplastik und Bildhauerei» des Zürcher Opernhauses.