Das Zentrum Paul Klee kann aufatmen: Gestern hat der Grosse Rat in Bern entschieden, den jährlichen Betriebsbeitrag doch nicht um 600'000 Franken zu kürzen, wie dies im Vorfeld befürchet wurde. Ausserdem genemigte er den Sanierungskredit von sieben Millionen Franken.
Dennoch wurde im Berner Kantonsparlament rege diskutiert, wie sinnvoll die Zustüpfe für das Zentrum Paul Klee sind. Der ehemalige Leiter der Stiftung Pro Helvetia Pius Knüsel äussert sich zur Causa Paul Klee und warum die Anziehungskraft des Museums zwar nachgelassen hat – aber Potenzial für die Zukunft vorhanden ist.
SRF: Das Paul Klee Zentrum finanziert sich zu rund 40 Prozent selber. Wie steht das Museum damit im Schweizer Vergleich da?
Pius Knüsel: Im nationalen Vergleich steht das Zentrum Paul Klee damit nicht schlecht da. 40 Prozent ist ganz okay. Aber es gibt Museen, die wesentlich mehr leisten und auch 70 oder 80 Prozent ihrer Mittel selbst erwirtschaften – häufig an der Kasse.
Warum gelingt es ihm aber nicht, mehr eigene Mittel zu generieren?
Die grosse Herausforderung für das Zentrum Paul Klee besteht darin, dass es ein monothematisches Museum ist. Es ist letztlich um einen einzigen Künstler aufgebaut. Das hat anfangs immer einen enormen Reiz, aber es verbraucht sich insofern, als das Thema Paul Klee dann über die Jahre redundant wird und weniger Anziehungskraft entwickelt.
Dasselbe gilt auch für die Architektur, die Dreifach-Welle, die wir anfangs alle so bewundert haben. Irgendwann haben wir sie gesehen, die Anziehungskraft lässt nach.
Es gibt die grossen Museumsleuchttürme, etwa das private Beyeler Museum in Riehen bei Basel. Das hat richtig viel eigenes Geld. Welche Vorteile hat ein Beyeler Museum im Vergleich zu einem Zentrum Paul Klee? Abgesehen davon, dass es nicht ein monothematisches Museum ist.
Der grosse Startvorteil des Museums Beyeler: Es fokussiert nicht auf ein Thema, sondern bedient die ganze klassische Moderne. Das ist natürlich nicht die ganze Kunstgeschichte, aber das sind alle wichtigen Bewegungen. Es zeigt die grossen Namen, die auch über die Jahre Publikum anziehen.
Die Politik übt sich gerne darin, die Erfolgreichen stärker zu machen.
Zweitens baut die Fondation auf einer Sammlung auf, die schon einen vielseitigen und breiten Grundstock legt. Drittens stand hinter dem Beyeler ursprünglich eine Persönlichkeit, die mit ihrer Passion das emotionale Fundament für den Erfolg des Museums gelegt hat.
Die Fondation Beyeler Museum hat also strukturelle Vorteile. Das Museumsgesetz schreibt auch vor, dass ein Museum mehr Subventionen bekommt, je höher die Eigenfinanzierung ist. Gilt also das Motto «Wer hat, dem wird gegeben»?
In gewisser Hinsicht schon. Die Politik übt sich gerne darin, die Erfolgreichen stärker zu machen. Das ist natürlich eine Konsequenz von Leuchtturm-Politik, von Standortwettbewerb, von Auszeichnungen für diejenigen, die letztlich das Bruttoinlandsprodukt oder gewissermassen die Wirtschaftskraft von Bern oder von Basel zeigen.
Für das Paul Klee Zentrum hat noch nicht die letzte Stunde geschlagen.
Das sind Motive, die sich in den letzten 20 Jahren in der Kulturpolitik verbreitet und eine grosse Akzeptanz gefunden haben. Jetzt wirken sie sich für ein Museum problematisch aus.
Die Konsequenz dieser Politik ist auch, dass die Schere zwischen Leuchtturm-Museen und jenen, die sich etwas durchkämpfen müssen, noch weiter auseinandergeht.
Das kann sein. Man könnte das darwinistisch sehen und sagen «So beginnt irgendwann der Rückbau der grossen Zahl von Museen, die die Schweiz hat». Persönlich würde ich das noch nicht als Tragödie empfinden.
Ich glaube nicht, dass deswegen für das Zentrum Paul Klee schon die letzte Stunde geschlagen hat. Da ist noch genug Potenzial, dieses Museum zu reformieren und auch inhaltlich neu auszurichten, um ihm gewissermassen ein zweites oder drittes Leben zu verschaffen.
Das Gespräch führte Anna Jungen.