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Autorin Bernardine Evaristo «Manifesto»: Vom Aufwachsen in einer weissen Welt

Bernardine Evaristo gewann 2019 als erste schwarze Frau den Booker Prize. In ihrem neuen Buch «Manifesto» erzählt sie ihre ungewöhnliche Lebens- und Erfolgsgeschichte.

Bücher können Leben verändern: Der phänomenale Erfolg ihres Romans «Mädchen, Frau etc.» über zwölf äusserst selbstbewusste schwarze Frauen in Grossbritannien machte Bernardine Evaristo im Alter von 60 Jahren völlig überraschend zum international gefeierten Star.

In unzähligen Interviews sollte Evaristo  das Wunder ihres Triumphs erklären. «Das Interesse so vieler Menschen hat mich dazu gebracht, sehr genau und tiefgründig darüber nachzudenken, wie ich zu diesem Punkt gekommen bin», sagt sie.

Zwei Personen posieren mit Büchern
Legende: Nach oben gekämpft: Bernardine Evaristo mit Margaret Atwood. Gemeinsam gewannen sie den Booker Prize for Fiction 2019. REUTERS / SIMON DAWSON

Trotz Hindernissen den eigenen Weg gegangen

Dieses Nachdenken war der Ausgangspunkt für ihr neues Buch «Manifesto». Die Lebensbeschreibung gibt Auskunft darüber, wie es einer jungen schwarzen Frau aus einfachen Verhältnissen gelungen ist, trotz vieler Hindernisse ihren eigenen Weg zu gehen.

Grossbritannien, das Land, in dem sie aufwuchs, verstand sich Mitte des vergangenen Jahrhunderts keineswegs als multikulturell. Vielmehr war es ganz von den Ansichten der weissen Mehrheitsgesellschaft dominiert.

Davon hat sich die Autorin nie entmutigen lassen: «Warum ich niemals aufgebe», lautet der Untertitel des Buches. Und genau dieser Frage geht Evaristo in sieben Kapiteln nach.

Suche nach einem besseren Leben

Im ersten davon schreibt sie über ihre Herkunft. Diese ist die wohl wichtigsten Quelle ihrer zähen Widerstandsfähigkeit. Evaristos Wurzeln liegen nicht nur in England, Schottland und Irland. Sie reichen bis nach Deutschland, Nigeria, Brasilien und Norwegen zurück.

Ich könnte mich als Opfer sehen, aber ich lehne das ab.
Autor: Bernardine Evaristo

Sie sei die Erbin vieler Menschen, die Migrantinnen und Migranten waren, erklärt sie. Ihre Vorfahren hätten sich auf die Suche nach einem besseren Leben gemacht. «Die Stärke, die ich in mir fühle, haben sie an mich weitergegeben. Sie sind in meiner DNA.»

Evaristo wuchs als viertes von acht Kindern in den 1960er-Jahren in einem Vorort Londons auf. Ihr Vater war 1949 aus Nigeria nach England emigriert und arbeitete als Schweisser. Ihre Mutter, eine weisse Engländerin, war Lehrerin. Es waren keine guten Voraussetzungen für eine verheissungsvolle Zukunft.

Unaufgeregt und schnörkellos erzählt Evaristo davon, wie sie als Mädchen wegen ihrer braunen Haut nicht nur auffällt, sondern zur Aussenseiterin gemacht wird. Doch durch Widerstände fühlt sie sich seither weniger behindert, als vielmehr herausgefordert.

«Ich könnte mich als Opfer sehen, aber ich lehne das ab», erklärt sie. «Ich schaue lieber darauf, wie sich Situationen und Erfahrungen konstruktiv wenden lassen.»

Unerschütterlicher Glaube an sich selbst

Auch als Autorin nimmt sie immer neue Anläufe. Zuweilen arbeitet sie jahrelang an einem Manuskript. Die Strategien der Aufmunterung, die darin gipfeln, jegliches Scheitern abzulehnen, mögen zuweilen ein wenig an den Ton von Selbsthilfe-Fibeln erinnern.

Doch insgesamt gelingt es Evaristo überzeugend, von einem individuellen Reifeprozess zu erzählen und darin gleichzeitig umfassende gesellschaftliche Entwicklungen zu spiegeln.

«Manifesto»ist eine optimistische, energiegeladene Autobiografie, die bestimmt ist von einem unerschütterlichen Glauben an sich selbst. Ein erstaunliches Leben und ein erstaunliches Buch. 

Buchhinweis

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Bernardine Evaristo: «Manifesto. Warum ich niemals aufgebe.» Übersetzt von Tanja Handels. Tropen Verlag 2022.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 07.02.2022, 17:10

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