Ist ein Langweiler, wer zufrieden ist mit sich und dem Leben? Hat, wer nichts verändern möchte, keine Ambitionen?
Um solche Fragen geht es im Roman «Die Unverbesserlichen» von Silvio Blatter. Im Zentrum steht Jonas, der möchte, dass alles bleibt wie es ist. Aber rundherum passiert ganz viel.
«Ich stelle mich gern als Typen dar, der gut geerdet ist und sich zu nichts drängen lässt», erklärt Jonas. Er liebt seine Frau und seine Arbeit als Barkeeper.
Verkappter Romantiker
Er spielt Fussball im Seniorenteam und wünscht sich kein anderes Leben. Seine Frau Ellis möchte aber raus aus dem ewigen Trott. Sie will mit Anfang 50 nochmal etwas Neues anfangen.
Ihre Beziehung sei inzwischen ziemlich eintönig, klagt Ellis. Jonas sei ein freundlicher Fatalist und ein verkappter Romantiker, der vorgebe, ein Realist zu sein.
Jonas sieht sich aber nicht so. Er möchte gerne, dass Ellis denkt, er könne fünf gerade sein lassen und er habe ein grosses Herz.
Männer sind schneller zufrieden
Ihm sei aufgefallen, sagt Silvio Blatter, dass sich viele Frauen über Fünfzig fragen: «War es das schon? Habe ich meine Bedürfnisse bisher zu sehr zurückgesteckt?» Sie wollen etwas verändern.
Und die Männer erwidern: Ist doch gut, wie es ist. «Es geht uns ja gut, was willst du noch mehr?» Solche Beobachtungen hätten ihn zu diesem Roman inspiriert.
Die Balance zwischen Glück und Unglück
Blatter hat Verständnis für Ellis, und er kann sich auch gut in Jonas hineinversetzen: «Für mich ist es erstrebenswert, zufrieden zu sein mit dem was man hat.»
Zufriedensein heisse, eine Balance finden zwischen Glück und Unglück, erklärt Blatter. Dann sei man mit sich im Reinen. Natürlich nur, wenn man nicht zu träge werde und keine Ambitionen mehr habe.
Zufriedenheit ist nicht cool
Zufriedenheit hat ins unserer Gesellschaft ein schlechtes Image. Absolutes Glück ist das Ziel, nicht die als bieder empfundene Zufriedenheit. Niemand würde sich «Zufriedenheit» auf den Arm tätowieren.
Müsste man fürs Zufriedensein eine Note geben, wäre es höchstens eine 4-5. Hier setzt Blatter an. «Ich finde, wir sollten der Zufriedenheit eine 6 geben. Und das absolute Glück überhaupt nicht benoten».
Grosse und kleine Fragen
Silvio Blatter stellt die Frage, wie sich eine Liebesverbindung verändert, wenn sich rundherum alles wandelt. «Die Unverbesserlichen» ist aber mehr als eine Beziehungsstudie. Mehr als ein Roman über die Liebe, die Bequemlichkeit und die Lust auf Neues. Es geht ums Älterwerden, um Freundschaften und darum, wie sich die Gesellschaft entwickelt.
Blatter schreibt eine Geschichte aus dem Hier und Heute, leichtfüssig und unterhaltsam, glaubwürdig und durchsetzt mit vielen Dialogpassagen. Blatter moralisiert nicht, baut keine Luftschlösser, keine Fantasiewelten.
Man kann sich in seinen Figuren wiedererkennen. Und lernt ganz nebenbei viel über das Leben.
Sendung: Radio SRF 1, Buchzeichen, 7.5.2017, 14.06 Uhr.