Was für ein Bild: Der Samstag hat eine Stupsnase und ulkige Lachfältchen, stellt die «Antenne» 1970 in einem flott getexteten und geschnittenen Beitrag fest. Der Samstag sei so beliebt, dass ihn die übrigen Wochentage neidisch beäugen.
Tatsächlich gibt es viele Gründe, den Samstag zu lieben: Er ist Zeit der Erholung, er verlangt nichts. Wir haben eine Autorin und zwei Autoren gebeten, einen Text zum Samstag zu schreiben. Eine kurze Miniatur von maximal 1000 Zeichen, die sagt, was den Samstag zum Samstag macht.
Patti Basler: «Samstag»
Die Gedanken ziehen Fäden. Rasenmäher-Surren. Die Sonne gleisst und der Himmel blaut, doch ein Dunst steht zwischen mir und der Welt.
Sein Anfang liegt in der Freitagnacht. Applaus, Absinth, Absacker: Echos in den Hallen des Gehirns. Die Kinder des Quartiers lärmen eine Terz höher. Wie Wespen kleben sie am Brunnen. Hashtag: Glückliche Kindheit, strahlende Gesichter im Aargau.
Es surrt näher.
Der Rasenmäher allerdings pflügt durch den Himmel und ist seines Zeichens ein Zeppelin mit dem Schriftzug der hiesigen Bank. Er kreist über dem Balkon. Aus dem Korb winkt und juchzt es.
Da ist kein Sportereignis, keine Tour de Suisse, kein Open Air. Die meinen tatsächlich mich! Ich muss wohl die Ankündigung des Gewinnspiels verpasst haben: Ein Mensch mit Balkon wird aufgesucht zwecks Abwurf einer Geldsumme.
Ich hole die IKEA-Tasche. Der Zeppelin sinkt. Schon kann ich die freudig geröteten Wangen meines Wohltäters erkennen. Der Zeppelin kreist, kriegt aber die nächste Kurve nicht.
Bald ist er über den Berg. Und entschwebt. Richtung Züribiet.
Martin R. Dean: «Samstag, mein Lieblingstag»
Am Samstag kriechen wir aus den neoliberalen Schützengräben, klopfen uns den Staub aus den Kleidern und erlauben uns die Frage: Wer sind wir die Woche durch gewesen, wie geht’s mit uns weiter?
Ich verstehe Menschen, die samstags den Rasen mähen: Dieser Tag braucht Rituale. Haare waschen, Wohnung reinigen, Einkauf und Knöpfe annähen. Am Samstag ist einem alles etwas bewusster; kein Tag hat so scharfe Ränder.
Man schaut in den Spiegel und sieht einige Jahre mehr im Gesicht. Man vergisst die Konkurrenten und denkt an seine Freunde.
Der Samstag ist die Vorbereitung auf den Sonntag: der Muskeltonus bleibt gespannt, man erledigt das Liegengebliebene.
Man trägt zusammen, was sich in alle Windrichtungen zu verflüchtigen drohte. Samstag ist Sammeltag.
Samstag ist nur für Berggänger, Wüstendurchquerer und Autisten ein einsamer Tag. Für alle anderen gilt: dem Partner neu begegnen, Freundinnen und Freunde treffen und so lang mit ihnen zusammen bleiben, bis der Samstag vorbei ist.
Matto Kämpf: «Hymne»
Oh Samstag, du angenehmer Tag, du milder Übergang, du Freund unter den Wochentagen, du Winnetou zwischen Freitag und Sonntag. Ein Dämmertag, zur freien Verwendung.
Es geht gemächlich in Richtung Ruhetag, aber alle Läden sind noch offen. Ich kann ungehetzt Sachen erledigen, und beim Erledigen bin ich glücklicher als beim Geniessen. Der Samstag verlangt nichts.
Fröhlich Altglas entsorgen, ein unsinniges Garten-Requisit kaufen, im Estrich etwas suchen und dabei vergessen was, das ist Samstag.
Der Sonntag hingegen ist Mühsal. Er verlangt nach Planung, nach Gestaltung, muss begangen werden. Der Sonntag will viel und gibt wenig. Er ist bereits zu viel des «frei».
In meiner Kindheit war samstags noch Schule. Aber nicht mehr so richtig. Mehr so angedeutet. Um neun Uhr räumten wir eine Stunde lang die Pulte auf, Klassenlehrerstunde hiess das, um zehn las uns die Lehrerin eine Geschichte vor, und im Winter schickte sie uns bereits um elf nach Hause mit dem Auftrag, das Skirennen zu schauen – und Pirmin Zurbriggen die Daumen zu drücken.
Und jetzt Sie!
Schreiben Sie uns eine literarische Miniatur, maximal 500 Zeichen, gleich unten ins Kommentarfeld. Das kann eine Erinnerung an einen besonderen Samstag sein oder an einen ganz unscheinbaren. Eine Anekdote, ein Ärgernis oder ganz allgemein: Was verbinden Sie mit «Samstag»?