- «Lanz» ist der Debütroman von Flurin Jecker über einen bloggenden Teenager im Kampf mit seiner Pubertät.
- Die Sprache ist reduziert, arbeitet mit Dialekt und Jugendslang – und ist nicht immer politisch korrekt .
- Der Roman ist ein humorvoller, authentischer Blick auf die Pubertät mit Identifikationspotential.
Eine Überraschung
Der Roman «Lanz» des jungen Berner Autors Flurin Jecker gehört zu den literarischen Überraschungen des Schweizer Bücher-Frühlings. Ein Debüt, entstanden am Literaturinstitut in Biel. Es ist eine Coming-of-Age-Geschichte voller Wärme und Humor.
Die Hauptfigur ist Lanz, ein 14-jähriger Teenager. Er kämpft mit ziemlich allem, was einem in der Pubertät umtreibt: Seine Eltern sind mühsam, die Hormone spielen verrückt.
Jungfrau sein ist uncool
Er ist verliebt, aber seine Angebetete beachtet ihn kaum. Zu allem Elend ist er auch noch Jungfrau, was er gar nicht cool findet. Er hat noch nicht mal geküsst, aber sein Freund glaubt, er habe schon Sex gehabt.
14 Jahre alt zu sein, ist schwierig. Man darf noch nichts und will schon alles. Es sei auf eine Art ein hilfloses Alter, sagt Flurin Jecker. Und genau das habe ihn interessiert.
Schreiben öffnet Schleusen
Doch wie erzählt ein 27-Jähriger die Geschichte eines 14-Jährigen? Flurin Jecker schickt Lanz in einen Blog-Kurs. Und da öffnen sich Schleusen. Lanz entdeckt das Schreiben als Ventil.
Im Blog kann er seine Ängste loswerden und die Leere, die er in sich fühlt, in Worte umwandeln. Und er kann über die Trennung seiner Eltern schreiben und über sonst alles, was einen Teenager so plagt und umtreibt. Das ist ein guter dramaturgischer Kniff. Entstanden ist daraus etwas zwischen Blog und Roman.
«Dann exte ich den Kaffee»
«Lanz» ist ein in sich stimmiges Buch. Die Stärke liegt in der sprachlichen Reduktion und im jugendlich-authentischen Erzählton. Flurin Jecker erzählt in kurzen, knappen Sätzen mit vielen Leerstellen.
Die Sprache ist grob, direkt, tabulos und manchmal politisch inkorrekt. So schreibt er an einer Stelle, Lanz stehe «wie ein Mongo am Perron».
Zudem arbeitet der Autor mit Dialektausdrücken und den Stilelementen der Mündlichkeit und transformiert sie in eine eigene literarische Sprache:
«Dann exte ich den Kaffee»
«Das Gute war, dass ich wegen Tabea so aggro wurde.»
Das ist reizvoll und gibt dem Roman einen eigenen Klang. Ein wenig erinnert er an Herrndorfs Kult-Roman «Tschick» mit den beiden 14-Jährigen, die aus Berlin abhauen.
Authentisch und glaubwürdig
Der Roman ist auch sehr witzig. Er lebt vom humorvollen Blick des 14-Jährigen auf die Welt und auf seine Probleme. Dieser Lanz ist komisch, aber nie lächerlich. Auch wenn er seine Gefühle preisgibt. Etwa, wenn er zwischendurch wieder zum Kind wird und sich nach Geborgenheit sehnt oder wenn er sich eingesteht, dass er noch nicht bereit ist zu «ficken».
Lanz wächst einem beim Lesen ans Herz. Man kann die Leere und Langeweile nachfühlen, die ihn zuweilen überfällt. Auch die unsinnigen und total sinnlosen Handlungen mit denen er darauf reagiert. Da erinnert man sich doch an die eigene Pubertät. Mir jedenfalls ging es so.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kontext, 30.3.2017, 9 Uhr