Die Radiosender, die wir unschuldig hören, liefern nicht nur Unterhaltung. Sie steuern auch auf geheime Weise unsere Gedanken und unser Tun. Warum das auch mit Wissenschaft zu tun hat, haben sechs Schweizer Autorinnen und Autoren für in einem Hörspiel erarbeitet. Am Samstag, 31. Mai, wird es live an den Solothurner Literaturtagen uraufgeführt.
Ein teuflischer Plan von Nazis in Tibet
Für «Professor Zickendraht und der Äther des Bösen» wurde mit Genuss im Schatzkästlein szientistischer Fantasien und abenteuerlicher Geschichten gekramt. Erzählt wird ein Abenteuer aus dem schillernden Leben von Professor Zickendraht, der den Auftrag erhält, in den Hochtälern von Tibet einen Radiosender zu reparieren. Und zwar einen richtig mächtigen, der fast 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs der nationalsozialistischen Ideologie über das Dach der Welt zum Durchbruch verhelfen soll.
Beinahe gelingt der teuflische Plan der Nazis, über den Äther das Böse zu verbreiten – beinahe: Denn da ist noch der trottelige Assistent des Professors...
Fantastischer Realismus mal anders
So verdreht und luftig das klingt, die Ausgangspunkte dieses Hörspiel-Abenteuers liegen in der beinharten Realität. Tatsächlich belegt ist das Interesse nationalsozialistischer Ethnologen an Tibet. Mehrere deutsche Expeditionen sollten in den 1930er-Jahren die rassische Identität deutscher Arier und der feudalen tibetischen Herrscherklasse belegen.
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Obwohl Professor Zickendraht dem falschen Spiel der Bösewichte zunächst auf den Leim geht, verhindert er am Ende die grosse Äther-Katastrophe. Mit der (fiktiven) Figur des Professor Zickendraht verneigen sich die Macher des Hörspiels vor dem Forschungsdrang und der Experimentierfreudigkeit des (echten) Schweizer Radiopioniers Hans Zickendraht. Zickendraht experimentierte ab 1913 in der Basler Altstadt mit damals noch völlig neuen Sendetechniken und war einer der Gründer der Basler Radiogenossenschaft (heutige SRG Region Basel), die nun wiederum dieses Hörspiel präsentiert.
Tradition des goldenen Radiozeitalters
«Professor Zickendraht und der Äther des Bösen» spinnt diese realistischen Versatzstücke in der Tradition fantastischer Hörspiele weiter. Im «Golden Age of Radio», in den 1930er und 1940er-Jahren, gab es in den USA hunderte solcher Mystery-Hörspiele. Sie spielten in exotischen Ländern, auf fernen Planeten oder im Innern der Erde. Ihre Helden waren mit meist aussergewöhnlichen Fähigkeiten ausgestattet, sie konnten fliegen, zaubern, hellsehen – oder alles gleichzeitig. Den optischen Möglichkeiten sind im Radio eben keine Grenzen gesetzt.