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Wettlesen in Klagenfurt Valeria Gordeev gewinnt den Ingeborg-Bachmann-Preis

Die Deutsche überzeugt mit ihrem Text über einen Mann mit Putzfimmel. Auch die Schweizer Kandidatin darf sich freuen.

Während ihrer Lesung fehlte Valeria Gordeev plötzlich ein Blatt. Sie konnte nicht weitermachen, bis der Moderator ihr seinen Ausdruck zur Verfügung stellte. Dieser der Aufregung geschuldet Lapsus verhinderte nicht, dass Gordeevs Text der Jury schliesslich am besten gefiel.

«Er putzt» heisst der Wettbewerbsbeitrag, der am Sonntag mit dem renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet wurde. Der Preis ist mit 25'000 Euro dotiert.

Auftritt Putz-Neurotiker

Im Text geht es um einen Mann mit einer Putz-Neurose. Mit grösster Präzision schildert Gordeev beispielsweise die Reinigung eines Abflusssiebs.

Das Wettlesen

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Der Ingeborg-Bachmann-Preis wird seit 1977 jährlich während der «Tage der deutschsprachigen Literatur» im österreichischen Klagenfurt verliehen. Er gilt als eine der wichtigsten Literatur-Auszeichnungen im deutschsprachigen Raum.

In dem dreitägigen «Wettlesen» stellen sich Autorinnen und Autoren dem Urteil einer siebenköpfigen Jury. Normalerweise gibt es 14 Kandidatinnen und Kandidaten, in diesem Jahr traten nur zwölf an.

Sämtliche Lesungen sowie die Diskussionen der Jury sind auf der Website des Bachmannpreises abrufbar.

Zum Wettbewerb eingeladen wurde Gordeev von der Jury-Vorsitzenden Insa Wilke. Diese würdigte den Text in ihrer Laudatio als «so konkret, dass er sich weitet, ohne je beliebig zu sein».

Valeria Gordeev ist 37 Jahre alt und lebt in Berlin. Sie hat Mathematik, Illustration und Literarisches Schreiben studiert. Nach eigenen Aussagen schreibt sie «seit einigen Jahren» an ihrem Debütroman.

Starker Auftritt der Schweizer Kandidatin

Aus der Schweiz nahm in diesem Jahr nur eine schreibende Person teil: Laura Leupi, 26 Jahre alt, stammt aus Zürich. Leupi ist fürs Theater tätig und als freie Medienschaffende, hin und wieder auch für SRF.

Mit dem Text «Das Alphabet der sexualisierten Gewalt» legte Leupi einen starken Auftritt hin. Professionell vorgetragen, sprach Leupi das Publikum auch mehrmals direkt an: «Langweile ich Sie schon?», wollte die von Leupi verkörperte Erzählstimme beispielsweise an einer Stelle wissen.

Alle Siegerinnen und Sieger

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Im Rahmen der Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt werden – neben dem Bachmann-Preis – noch weitere Preise verliehen. So ging der mit 12'500 Euro dotierte Deutschlandfunk-Preis an Anna Felnhofer.

Den von einem Energie-Unternehmen gesponserten Kelag-Preis in Höhe von 10'000 Euro erhielt Martin Piekar. Auch über den mit 7000 Euro dotierten Publikumspreis, über den das Publikum online abstimmen konnte, durfte Piekar sich freuen.

Den 3sat-Preis im Wert von 7500 Euro bekam Laura Leupi.

Inhaltlich handelt der Text von einer Vergewaltigung. Formal wechselt er zwischen alphabetischer Liste, Essay und persönlichen Schilderungen. Der Grossteil der Jury gab positives Feedback. Am Ende erhielt Leupi einen der Neben-Preise, die im Rahmen der Veranstaltung verliehen werden: den mit 7'500 Euro dotierten 3sat-Preis.

Verringerte Teilnehmerzahl

Normalerweise nehmen 14 Autorinnen und Autoren am Wettbewerb teil. In diesem Jahr waren es nur zwölf. Helena Adler und Robert Prosser hatten kurzfristig absagen müssen.

Der verkleinerte Teilnehmerkreis mag der Jury einen früheren Feierabend ermöglicht haben. Gleichzeitig nahm er dem Wettbewerb aber auch ein wenig das Exzessive, das dem dreitägigen Literaturspektakel sonst innewohnt.

Viel Ich-Perspektive

Und wahrscheinlich hätten zwei weitere Lesende auch für eine grössere Vielfalt gesorgt: Fast alle Texte in diesem Jahr waren nämlich in Ich-Form geschrieben.

Bis vor einiger Zeit beinahe verpönt, scheint diese Perspektive derzeit besonders vielen Autorinnen und Autoren anzusprechen. Ausserdem auffällig: Viele Texte spielten in sehr beengten Räumen.

Durchwachsene Qualität

2022 war ein überdurchschnittlich starker Jahrgang gewesen. Im Vergleich dazu war die Qualität in der aktuellen Ausgabe etwas durchwachsen.

Hinzukommt: Die Eröffnungsrede hat es den Teilnehmenden nicht leicht gemacht. Die ukrainische Schriftstellerin und Bachmann-Preisträgerin von 2018, Tanja Maljartschuk, hatte zu Beginn des Wettlesens über die Machtlosigkeit von Literatur im Angesicht des Krieges, den Russland gegen die Ukraine führt, gesprochen. Ihre Worte hatten einen enormen Nachhall.

SRF 4 News, Nachrichten, 2.7.2023, 12:30 Uhr

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