Jane Austens Werke sind keine politischen oder historischen Analysen ihrer Zeit. Das könne sie auch gar nicht, hat sie einmal gelassen und humorvoll erklärt. Selbst dann nicht, wenn sie damit ihr Leben retten könnte. Scharfsichtig und präzis war Austen dennoch allemal.
Mit Witz und Ironie
Ihr wohl bekanntester Roman ist «Stolz und Vorurteil» aus dem Jahr 1813. Der erste Satz ist weltberühmt: «Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Junggeselle im Besitz eines schönen Vermögens nichts dringender braucht als eine Frau.»
Hier eröffnet sich Jane Austens Universum: Einerseits geht es um das zentrale Thema von Partnerwahl und Heirat, das die Grundlage bietet für fein gezeichnete Gesellschaftsporträts.
Andererseits sieht man hier auch Austens Witz und Ironie: scheinbar ein Sprichwort, im Brustton der Überzeugung geäussert, aber bei genauerem Hinsehen lediglich eine Behauptung, die eigentlich das Gegenteil meint: Im 19. Jahrhundert brauchte eine Frau einen vermögenden Mann.
Sprachliche und stilistische Pionierin
Jane Austen schreibt denn auch aus der Situation der Frauen von damals heraus. Mit der Einschränkung, dass ihre Geschichten im Umfeld des englischen Landadels spielen.
Sie zeigt, wie gesellschaftliche Konzessionen und Gepflogenheiten überwunden werden können und schafft es, auch stilistisch und sprachlich eine Pionierin zu sein. Ihren Heldinnen gelingt es, sich von eingefahrenen Denkmustern zu lösen und sich selbst zu finden.
Authentizität und Natürlichkeit gehen Austen über alles. Sie will menschliches Verhalten und die Gesellschaft so präzise wie möglich darstellen. Sie nimmt diesen Darstellungen aber die Schwere und Strenge, indem sie beispielsweise sehr geistreiche und witzige Dialoge schreibt.
Sie trifft einen Nerv, heute wie damals
Schon zu Lebzeiten war Austen erfolgreich. Das, obwohl ihre Romane nicht unter ihrem eigenen Namen, sondern mit dem Etikett «By a Lady» erschienen.
Damals wie heute scheint sie einen Nerv ihrer Leserinnen zu treffen. Und das trotz des bissigen Kommentars ihrer Schriftsteller-Kollegin Charlotte Brontë, die Austen vorwarf, nur über «Menschen in eleganten Häusern, mit einem sorgfältig umzäunten, gepflegten Garten» zu schreiben und nie über das offene, wilde Land.
Aber gerade diese enge Perspektive macht einen wesentlichen Teil von Austens zeitlosem Erfolg aus. Auch heute noch identifizieren sich Leserinnen auf der ganzen Welt mit Austens Heldinnen. Diese sind romantisch und empfindsam, gleichzeitig selbstbewusst und stark. Moderne Frauen eben.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kontext, 18.07.2017, 09:00 Uhr.