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Kurt Cobain – der Feminist
Aus Kultur Webvideos vom 05.04.2019.
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25. Todestag Kurt Cobain, der Anti-Macho

Nicht nur der raue Sound, sondern auch sein frauenfreundliches Image hat die Rockmusik nachhaltig geprägt.

Wütend, roh und verzweifelt klingt der Song, der zur Nirvana-Hymne wurde: «Smells Like Teen Spirit» war die erste Singleauskopplung des Albums «Nevermind» von 1991. Der Sound hat aber noch eine andere Qualität.

«Die Musik von Kurt Cobain ist auch sehr eingängig, poppig und melodiös», sagt SRF3-Rock-Experte Dominic Dillier. «Als würden Punk und Heavy Metal auf die Beatles treffen». Dazu aufrichtige, persönliche Texte, die vom täglichen Leben erzählen.

Flucht vor dem Kommerz

Das Album «Nevermind» verkaufte sich binnen weniger Wochen rund zehn Millionen Mal. Dazu Tourneen, Fernsehauftritte und ein riesiger Hype, der Kurt Cobain zunehmend zermürbte.

Mit seinem dritten Album «In Utero» wollte er dem Kommerz ein Schnippchen schlagen und das aus seiner Sicht oberflächliche MTV-Publikum loswerden – mit einem Album, das so sperrig, dreckig und kaputt ist, dass nur noch die wahren Fans übrigbleiben.

Audio
Nevermind auf ewig: zum 25. Todestag von Kurt Cobain
aus Kontext vom 03.04.2019. Bild: Keystone/AP
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Aber der Plan ging nicht auf. «Obwohl er die Absicht hatte, seine Karriere zu zerstören, konnte er sein Talent für poppige, griffige Melodien auch auf diesem Album nicht verstecken», sagt Dillier.

Auch «In Utero» verkaufte sich millionenfach. Ob Cobain wollte oder nicht: Seine Musik hatte immer eine grosse Dringlichkeit. Er brachte den Teenager-Weltschmerz auf den Punkt.

Musik als Ventil

Der Schmerz war bei Cobain nicht nur Pose, sondern das Ergebnis einer schwierigen Vergangenheit. Cobain ist in Aberdeen im provinziellen Nordwesten der USA in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen.

Als er neun Jahre alt war, liessen sich seine Eltern scheiden. Zuerst blieb er bei seinem prügelnden Vater, dann wurde er von Verwandten zu Verwandten geschoben. Die Musik half ihm über seine Einsamkeit hinweg.

Je grösser Cobains Ruhm wurde, desto mehr geriet sein Leben ausser Kontrolle. Am 4. April 1994 spritzte er sich eine Überdosis Heroin und erschoss sich.

Nachhaltige Schmerzenskunst

Nicht nur durch seinen offensiven Umgang mit Schmerz hat Cobain die Rockwelt nachhaltig verändert. Sondern auch mit dem Männlichkeitsbild – oder besser «Unmännlichkeitsbild», das er geprägt hatte.

Auf der Bühne trug er Frauenkleider und Nagellack. Sonst war er der hübsche Typ von nebenan mit den strähnigen blonden Haaren und schlabbernder Strickjacke.

Kurt Cobain auf der Bühne. Hinter ihm sind Flügel, die auf seinem Rücken zu sein scheinen.
Legende: Nicht nur sein rauer Sound, auch sein Männlichkeitsbild hat die Rockmusik nachhaltig geprägt: Kurt Cobain. Getty Images / Jeff Kravitz

«Machogehabe fand er lächerlich», sagt Dillier. «Er hasste Rockbands wie Bon Jovi oder Guns N’ Roses, bei denen Frauen keine andere Rolle bekamen als die der Groupies.»

Nicht nur leere Parolen

Cobain äusserte sich gegen Sexismus, Homophobie und Rassismus und war eng mit der feministischen Punkszene der frühen Neunzigerjahre verbunden. Das hört man auch in seinen Texten.

In «Territorial Pissings» heisst es etwa: «Ich bin nie einem weisen Menschen begegnet, und wenn doch, dann war es kein Mann, sondern eine Frau» und in «Polly» thematisiert er sexuelle Gewalt. Zur heutigen Debatte um Männlichkeit und zur #MeToo-Bewegung hätte Kurt Cobain durchaus etwas zu sagen gehabt.

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