«Fair-Pay» ist zurzeit ein wichtiges Wort in der Schweizer Musikszene. Seit Juni legt Sonart, der grösste Schweizer Berufsverband im Bereich Musik, für alle Genres einheitliche Honorarempfehlungen vor. Für ein Konzert solle eine Musikerin oder ein Musiker laut Honorar-Rechner 800 Schweizer Franken bekommen. Wenn auch willkommen, ist die Forderung eine Herausforderung für kleinere Veranstalter.
Auch der Schweizerische Musikerverband (SMV) sieht rot: Auf einer Ende November erschienenen Schweizerkarte legt er die Honorarsituation für Aushilfsmusiker, sogenannte Zuzüger, in professionellen Schweizer Orchestern offen. Grün gibt’s auf der «Tarif-Ampel» nur für Orchester, die sich vollständig an die Tarifordnung des SMV halten. Doch auf der Karte zur Ampel dominieren Orange und Rot.
Laut SMV-Generalsekretär Beat Santschi hätten einige Orchester die Situation nach dem Corona-Lockdown ausgenutzt. Viele Musikerinnen hätten damals dringend nach Arbeitsmöglichkeiten gesucht. Seither seien die Löhne bei gewissen Orchestern nicht mehr nach oben korrigiert worden.
Verschiedene Orchestervertreter sehen die Darstellung auf der Karte als zu drastisch: Man sähe eben nur rot, ohne die Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, die zu dieser Lage führen.
Subventionierte Orchester bessergestellt?
Acht der zwölf aufgeführten grossen Vollzeitorchester sind «grün». Sie werden aus öffentlicher Hand subventioniert. Bei 37 aufgeführten kleineren Teilzeit- und Projektorchestern auf der Karte sind es aber gerade mal drei, bei denen die Ampel freie Fahrt anzeigt.
Diese kleineren Orchester müssen ihre finanziellen Mittel aus verschiedenen Quellen, oft auch privaten, akquirieren. Daher sind sie finanziell weniger robust aufgestellt.
Kritik an Subventionen
Dass grosse Player einen Grossteil der Kultursubventionen erhalten, steht schon länger in der Kritik. Daher wurde 2022 im Kanton Basel-Stadt die Musikvielfalts-Initiative lanciert. Die Vorlage hätte vorgesehen, dass ein Drittel der kantonalen Fördermittel im Bereich Musik an das nicht-institutionelle Musikschaffen aller Stilrichtungen fliesst. Die Initiative scheiterte aber vor einem Jahr an der Urne.
Ein Komitee aus Vertretern der Musikvielfalts-Initiative und Kulturveranstaltern äussert sich nun kritisch zu den Honorarempfehlungen des Bundes. Während es Fair-Pay begrüsst, bereiten dem Komitee Angebotsverkleinerungen bei unabhängigen Kulturveranstalterinnen Sorgen.
Kurzum bedeute das: Höhere Löhne führten zu weniger Konzerten. Zwar wären Musiker besser bezahlt, aber insgesamt würden laut Musikvielfalts-Initiative weniger Menschen vom Kuchen etwas abbekommen. In einer Medienmitteilung fordert es deshalb, dass Fair-Pay auch Fair-Funding bedingt.
Es ist viel in Bewegung: Wenn eine Pop-Musikerin oder ein Orchestermitglied nun zukünftig 800 Franken für ein Konzert bekommt, dann hat das nicht nur Auswirkungen auf das eigene Portemonnaie und die Altersvorsorge, sondern es rüttelt am ganzen System. Die Debatte ist jedenfalls lanciert. Worüber sich SMV, Sonart und die Musikvielfalts-Initiative einig sind: Musikerinnen und Musiker gehören angemessen entlöhnt.