Eine Scheibe Rindsfilet in Butter beidseitig anbraten. Herausnehmen und auf Weissbrotscheiben legen. Dann in der derselben Pfanne ein Stück Foie Gras kurz anbraten und auf die noch warmen Filetscheiben legen.
Den Fonds mit Madeirawein ablöschen und mit einigen gehackten Trüffeln über das Fleisch giessen. Voilà der Tournedos Rossini. Ein berühmtes Gericht.
Vom italienischen Opernkomponisten Gioachino Rossini stammt diese extravagante Gaumenfreude nicht.
Sie war aber vermutlich eine Widmung an ihn oder gleich Eigenwerbung eines Kochs: Rossini war ein Superstar seiner Zeit, gefeiert von der High Society des 19. Jahrhunderts.
Es bleibt bis heute unklar, warum Rossini mit 37 Jahren aufgehört hat zu komponieren. In Paris, wo er etwa die Hälfte seines Lebens verbracht hat, aber auch in Italien, war er überaus erfolgreich.
War es der Magen oder der Schritt?
Hatte er mit seinen Opern genug verdient, um sich fortan nur noch den «wesentlichen» Dingen hinzugeben, also Trüffeln und Gänseleber? Mag sein.
War er müde und nach 39 Opern in 19 Jahren schlicht ausgeschrieben? Rossini hat sich jedenfalls dahingehend geäussert. Wer früh mit Komponieren angefangen habe, dürfe auch früh aufhören, meinte er einmal.
Ein Grund für das plötzliche Verstummen könnte aber auch die Krankheitsgeschichte Rossinis sein. Er litt an der damals nicht behandelbaren Geschlechtskrankheit Gonorrhoe, einer Harnröhrenverengung, sowie unter Depressionen und massiven Schlafstörungen.
Rossini war immer wieder für Wochen krank. Schreibunfähig.
Die kleinen Sünden des Grossbürgertums
Das Essen mag trotzdem eine Leidenschaft Rossinis gewesen sein. Bilder zeigen ihn als korpulenten Mann.
«Mit seiner feinen, fleischigen Hand ergriff er einen Spritzbeutel mit Silbertülle, füllte ihn mit Trüffelfarce und spritzte diese unvergleichliche Sauce sorgfältig in jede Teigrolle», berichtet ein Zeitgenosse über Rossinis kulinarische Passion.
Eine Passion, die ihn mit dem grossbürgerlichen Paris des 19. Jahrhunderts bestens verband. Wenngleich hierbei wohl mehr gegessen als selbst gekocht wurde.
Orgien der Sinne
In seinen letzten Jahren veranstaltete Rossini in seinem Haus bei Paris regelmässig sogenannte «Samedis Musicaux». An diesen musikalischen Samstagen wurde zu gleichen Teilen gegessen, getrunken, wie gesungen und musiziert.
Ein Fest der Sinne und eine Verbindung von Essen und Musik, die ihre Wurzeln weit im antiken Griechenland und seinen berühmten Gastmählern hat. Diese Samstagsgelage dürften zur Legendenbildung des nurmehr verfressenen alten Rossini beigetragen haben.
Das eine Rezept des Meisterkomponisten
Tatsache ist: Rossini hat nach seinem Verstummen als Opernkomponist weiterkomponiert. Seine Petite Messe Solenelle ist mit 90 Minuten Aufführungsdauer keineswegs eine Kleinigkeit. Und auch die 150 Stücke der Sammlung Péchés de vieillesse («Alterssünden») mussten erst einmal geschrieben werden.
Drei Rezepte zum Nachkochen
Ebenso ist Tatsache, dass weder der Tournedos Rossini noch die Tarte Guillaume Tell (benannt nach Rossinis letzter Oper) noch die zahlreichen anderen Rossini-Rezepte vom Meister selbst stammen. Sie wurden alle nach ihm benannt oder ihm gewidmet.
Die einzige Ausnahme: Maccheroni alla Rossini. Ihr Rezept wurde angeblich nach einem Diktat Rossinis niedergeschrieben.
Köstlich sind sie jedenfalls.