Schwebende Klänge, filigrane Plastiken oder zornige Worte: Das sind die fünf Kulturtipps der Woche – frisch aus den SRF-Redaktionen.
Sirens of Lesbos lassen uns abheben
Albumtipp von Andi Rohrer: Sie lassen einen mindestens einen Meter über dem Boden schweben: Sirens of Lesbos vertonen das Gewicht der Welt mit ansteckender Leichtigkeit, zeigen Gefühl für Musikgeschichte und haben das Zeug, zu revolutionieren: Das Berner Quintett ist ein Ereignis in Sachen Schweizer Pop . Ihr zweites Album «Peace» hört sich nach gestern und nach morgen an.
Markus Raetz mit Witz und List
Ausstellungstipp von Sarah Widter: Markus Raetz fordert mich spielerisch heraus. Er zwingt mich dazu, meine Konsumhaltung aufzugeben und aktiv auf Entdeckungsreise zu gehen. Viele der Kunstwerke bewegen sich, andere verlangen, dass ich mich bewege, dass ich neue Perspektiven finde. Besonders die filigranen Drahtplastiken, die Raetz in seinen letzten Lebensjahren schuf, berühren mich. Sie erzählen auf feinsinnige Weise von zwischenmenschlichen Beziehungen, bringen mich zum Lachen. Es ist die erste grosse Retrospektive nach seinem Tod 2020.
Das grossartige Drama «Rose»
Filmtipp von Brigitte Häring: Inger ist schizophren – mit ihrer Schwester Ellen und ihrem Schwager Vagn unternimmt sie eine Busreise nach Paris. Die wird nicht nur für die Reisegruppe zur Herausforderung, sondern auch für Inger selbst, die in Paris mit ihrer Vergangenheit konfrontiert wird. Ernsthafte und komische Momente wechseln sich ab in diesem feinfühligen und warmherzigen Drama. Und Sophie Gråbøl (bekannt geworden als wollpullitragende «Kommissarin Lundt») als unberechenbare Inger ist grossartig!
Annie Ernaux’ radikales Debüt entdecken
Lesetipp von Annette König: Vor 50 Jahren hat die Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux ihren ersten Roman geschrieben. Nun liegt er erstmals in deutscher Übersetzung vor . Es ist ein Buch, das im Ton anders ist, als wir es von Annie Ernaux kennen. Die Autorin kotzt in «Die leeren Schränke» ihren Zorn über ihre Herkunft, über ihr prekäres Elternhaus ungefiltert aufs Papier. Später wird sie mit Distanz und universellem Anspruch schreiben und Erinnerungen wie Schlaglichter aneinander. Wer ihre Entwicklung im Schreiben nachvollziehen möchte, für den ist Ernaux’ Debüt Pflichtlektüre!
Ironische Krimikomödie – im Theatersaal und als Stream
Theatertipp von Andreas Klaeui: Schlafen im Theater: Was manchmal unabsichtlich passiert, macht die Klibühni Chur jetzt zum Programm. In einer mehrteiligen Krimikomödie mit dem Titel «Grand Hotel Klibühni». Da geht einiges durcheinander: Der Concierge wird zum Hamlet, die Rezeptionistin zu Lady Macbeth, und bevor das Hotel überhaupt seine Türen öffnet, liegt der Direktor schon als lästige Leiche im Bett. Die Klibühni inszeniert ein ironisches Spiel mit hehren Ansprüchen und harten Landungen, zu erleben vor Ort im Theater, aber auch online im Stream.