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Zum 60. Geburtstag Musik am laufenden Band: Als der Kassettenrekorder den Ton angab

1963 revolutionierte er den Musikkonsum. Wir spulen zurück auf die Anfänge des Kassettenrekorders.

Aus heutiger Sicht wirkt er etwas altmodisch und klobig. Doch der Kassettenrekorder war ein wahrer Vorreiter in Sachen Musikgenuss. Er war handlich, praktisch und später auch portabel. So etwas wie der iPod von damals. Und wer erinnert sich nicht an das Knistern und Knacken des Geräts, bevor der Ton endlich abspielte.

Doch diese Geräusche ertönen nur noch selten: Denn die Kassetten sind seit den 1990er-Jahren vor allem etwas für Nostalgiker. Zuerst die CD, dann MP3 und schlussendlich Streaming haben sie verdrängt.

Persönlich und günstig

Seinen Siegeszug hatte das Tonband im Kleinformat 1963 angetreten. An der Internationalen Funkausstellung in Berlin wurde die erste Audiokassette mit passendem Abspielgerät vorgestellt, entwickelt vom niederländischen Elektrokonzern Philips. Damals eine Sensation.

Mit dem Kassettenrekorder konnte man nicht nur Audios abspielen, sondern auch kostengünstig und einfach selbst Tonaufnahmen herstellen: Geräusche aus dem Alltag, Radiosendungen oder die Lieblingsmusik. In die meisten Rekorder war ein Mikrofon eingebaut. Und mit einem zweiten Rekorder oder einem Gerät mit zwei Laufwerken liessen sich ganze Kassetten kopieren. Ursprünglich war der Kassettenrekorder sogar als Aufnahmegerät konzipiert worden.

Ein alter Kassettenrekorder mit Mikrofon auf dem Tisch
Legende: Einer der ersten seiner Art: Der Philips-Kassettenrekorder EL 3302 von 1963 mit der klassischen Knopfbedienung. Wikimedia Sommons/CC BY-SA 3.0

Der Plattenspieler hatte Konkurrenz bekommen: Dass man mit den neuen Rekordern Musik aufnehmen und dann überall hin mitnehmen konnte, war ein klarer Wettbewerbsvorteil. Der erste Walkman von Sony, ein kleiner tragbarer Kassettenrekorder mit Kopfhörern und Batterien, kam 1979 auf den Markt.

Kleines Gerät, grosse Auswirkungen

Mit dem zunehmenden Erfolg der Kassettenrekorder entstand eine völlig neue Musikkultur: Sogenannte Mixtapes, persönliche Musikzusammenstellungen auf Kassette, waren in den 1970er- und 1980er-Jahren heiss begehrt. Endlich konnte man für sich und seine Liebsten einen persönlichen Musikmix kreieren.

Auch den Familienausflug mit dem Auto revolutionierte das Gerät. Was wäre eine Autofahrt ohne den leiernden Ton einer Kassette gewesen? Stundenlang hörten Kinder früher Kasperli, Wilhelm Busch und Bibi Blocksberg. Für die Eltern hatte das vor allem einen Vorteil: Die Kinder gaben Ruhe und hörten gebannt zu.

Was bleibt?

Mehr als 60 Jahre nach seiner Erfindung fristet der Kassettenrekorder sein Dasein in der Nische. Doch gänzlich in Vergessenheit geraten ist er noch nicht. Stars wie Harry Styles, Taylor Swift und The Weeknd veröffentlichen ihre Alben nach wie vor in kleinen Auflagen auf Kassette – und so für den Kassettenrekorder. Gemessen am Schweizer Musikmarkt machen Kassetten und ihre Abspielgeräte allerdings nur einen bescheidenen Anteil von 0.01 Prozent aus.

Was hingegen bis heute nachhallt: die Vertrautheit mit den Geräuschen der Mechanik und das eigene Seufzen, wenn sich der Bandsalat nicht zähmen liess.

Radio SRF 2 Kultur, 100 Sekunden Wissen, 28.08.2023, 06:54 Uhr ; 

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