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Geschichte der Meteorologie Den Himmel bändigen

Der Brite Peter Moore erzählt in seinem Buch «Das Wetter-Experiment» die Geschichte der Meteorologie im 19. Jahrhundert – mit etwas engem Blick, aber hervorragend recherchiert.

Mark Twain meinte einmal, jeder würde über das Wetter nörgeln – aber keiner tue was dagegen. Das Buch «Das Wetter-Experiment» erzählt nun davon, wie sich dies – noch zu Twains Lebenszeiten – zu ändern begann.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts machten sich Männer aus ganz unterschiedlichen Berufen daran, das Wettergeschehen genauer zu untersuchen – in der kühnen Hoffnung, es irgendwann prognostizieren zu können.

Buchhinweis

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Tief recherchiert

Der Historiker und Wissenschaftsjournalist Peter Moore wählte für sein Buch einzelne wichtige Persönlichkeiten aus dieser Zeit aus. Ihnen entlang erzählt er von einigen der wichtigsten Errungenschaften und Erkenntnisse in der Geschichte der Meteorologie. So musste zuerst der Telegraf erfunden werden, um Wettermessungen aus einem grossen Gebiet zusammenzutragen und die ersten Wetterkarten zu zeichnen.

Erst die geschulten Augen eines Landschaftsmalers erkannten, dass sich die Wolken nach ihrem Aussehen einteilen lassen und dass sie unterschiedliche Eigenschaften besitzen. Und immer wieder waren es Kapitäne auf ihren langen Segelfahrten, die das Wetter besser verstehen wollten, um ihm weniger ausgeliefert zu sein.

Vermessungen mit dem Heissluftballon

Diese Szenen und Ereignisse hat der Autor Peter Moore genau recherchiert. Er nimmt seine Leserinnen und Leser buchstäblich mit vor die argentinische Küste, wo die englischen Seefahrer unterwegs sind, um die Magellanstrasse zu kartieren.

Fast schon lakonisch erzählt Moore auch von einer Fahrt im Heissluftballon: die beiden Piloten wurden auf einer Vermessungsfahrt durch die Atmosphäre um ein Haar hinaus ins Weltall befördert. Mit viel Glück aber erreichten sie mit einer Ladung wertvoller Messdaten den Boden – und setzten sich nach überstandenen Gefahren auf ein Bier ins nächste Pub.

Heissluftballon in den Bergen
Legende: Nicht ungefährlich: Vermessungsfahrt mit dem Heissluftballon. Keystone

Viel gewagt

Vor allem aber vermittelt das Buch einen lebhaften Eindruck vom Wissenschaftsgeschehen im 19. Jahrhundert. Die Kirche verlor damals zunehmend ihr Wissensmonopol. Charles Darwins Evolutionstheorie stellte die Schöpfungsgeschichte in Frage.

Und nun wollten auch noch die Meteorologen das Geschehen am Himmel verstehen – und nicht länger als göttliche Macht hinnehmen. Das rief so manche Kritik hervor; insbesondere, als es darum ging, erste Wetterprognosen zu erstellen. Die (Wetter-)Zukunft zu kennen: das war bis dahin nun wirklich den göttlichen Mächten vorbehalten gewesen.

Audio
Buchtipp 3
aus Wissenschaftsmagazin vom 31.12.2016. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 30 Sekunden.

Eng fokussiert

Schade ist, dass Peter Moore in seinem Buch sehr stark auf das Geschehen in England und den USA fokussiert. Engländer wie Francis Beaufort, Robert FitzRoy oder der amerikanische Sturmforscher William Redfield trugen tatsächlich viel zu der noch jungen Wissenschaft Meteorologie bei.

Doch spätestens ab Mitte des 19. Jahrhunderts spielten auch Länder wie Frankreich, Norwegen oder Österreich eine wichtige Rolle. Das Geschehen dort blendet das Buch aber weitestgehend aus.

Fragliche Wertung

Auch die Begeisterung des Autors für seine früheren Landsmänner kommt manchmal gar deutlich zum Vorschein. Streckenweise entsteht der Eindruck, in England hätte es zu jener Zeit nur so gewimmelt von überaus talentierten Männern mit aussergewöhnlichen Forschungsinstinkten.

Dabei wären diese Wertungen gar nicht nötig: Peter Moores anschaulichen und detaillierten Beschreibungen von den Experimenten, den Expeditionen, den präzisen Beobachtungen und dem langen Atem der ersten Meteorologen sprechen ganz für sich von den Leistungen dieser Männer.

Sendung: «Wissenschaftsmagazin», 31.12.2016, 12:40 Uhr, Radio SRF 2 Kultur

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