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Gesponserte Universitäten Der Preis der Glaubwürdigkeit

Schweizer Universitäten werden von Sponsoren mitfinanziert. Zwar geben sie immer häufiger bekannt, von wem sie Geld bekommen. Doch Kritiker sagen, die Abhängigkeiten bleiben.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Schweizer Universitäten arbeiten immer wieder mit privaten Sponsoren zusammen. Diese Koperationen müssen sie immer öfter offenlegen.
  • Die Organisation Zürcher Appell engagiert sich seit vier Jahren für die Wahrung der wissenschaftlichen Unabhängigkeit.
  • Laut dem Rektor der Universität Zürich sind Hochschulen auf Sponsoringgelder angewiesen, um konkurrenzfähig zu sein.

In den letzten Jahren haben Schweizer Universitäten einige Verträge offengelegt, die sie mit Sponsoren abgeschlossen haben. Allerdings ist dies oft nicht freiwillig geschehen, sondern weil es Journalisten gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz verlangt hatten.

Sponsoren der Schweizer Unis

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SRF News hat in einer umfassenden Recherche untersucht, welche Verbindungen zwischen Universitäten, Professoren und Privatwirtschaft bestehen.

Die Debatte um das Sponsoring hat der so genannte Zürcher Appell befördert. Er wurde vor rund vier Jahren von verschiedenen Wissenschaftlern und Privatpersonen lanciert. Er soll davor warnen, dass Hochschulen zunehmend von privaten Sponsoringgeldern abhängig würden.

ETH und Nestlé

In einigen Verträgen kamen problematische Passagen ans Licht. Zum Beispiel, dass die ETH Lausanne mit dem Nahrungsmittelkonzern Nestlé und der Pharmafirma Merck Serono Verträge abgeschlossen hatte.

Ein Vertrag räumt einer Tochterfirma von Nestlé ein Vetorecht bei der Besetzung der gesponserten Professur ein. Und der Vertrag mit Merck Serono gibt dem Unternehmen das Recht, wissenschaftliche Publikationen zu beeinflussen. Beides wurde von Kommentatoren stark kritisiert.

600 Interessenbindungen

Für mehr Transparenz haben aber nicht nur die Medien gesorgt: Der Zürcher Kantonsrat hat ein Gesetz verabschiedet, das der Universität Zürich vorschreibt, sie müsse ein Transparenzregister veröffentlichen.

Das hat sie Anfang dieses Jahr getan. Es listet über 600 Professorinnen und Professoren und ihre Interessenbindungen auf. Besonders heikle Verbindungen sind dabei keine ans Licht gekommen.

Demonstration für unabhängige Wissenschaft
Legende: Im April 2012 demonstrierte die Juso gegen das Sponsoring der UBS an der Uni Zürich. Nun stört es auch Professoren. Keystone

Transparente, abhängige Forschung?

Andere Universitäten haben diesen Schritt bereits früher gemacht, darunter die Universitäten Basel, Bern und die beiden ETH. Ebenfalls bekannt ist heute grossteils, welche Firmen an welchen Universitäten welche Lehrstühle finanzieren.

Markus Müller, einer der Mitbegründer des Zürcher Appells, begrüsst die neue Transparenz, sie sei ein wichtiger erster Schritt. «Aber sie behebt das Problem noch nicht», sagt Müller: eine transparente, abhängige Forschung sei immer noch abhängig. Den Universitäten drohe durch zu viel Sponsoring der Verlust an Glaubwürdigkeit.

Geld für die Wettbewerbsfähigkeit

Michael Hengartner, Rektor der Universität Zürich und Präsident der Schweizer Hochschulrektorenkonferenz, sieht das anders. Zwar sei die neue Transparenz sehr wichtig, denn die Unabhängigkeit sei das wichtigste Gut der Universitäten. Aber es sei nicht so, dass die Schweizer Universitäten zu viel Sponsoringgelder eingeworben hätten. «Wir brauchen dieses Geld, um im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu sein.»

Die Gefahr von Interessenkonflikten weist Hengartner nicht von der Hand, aber die Lösung des Problems liege nicht darin, keinerlei private Gelder anzunehmen. «Wir müssen stattdessen in jedem einzelnen Fall prüfen, ob die Unabhängigkeit der Universität gefährdet ist oder nicht.»

Achtsam bleiben

Markus Müller vom Zürcher Appell möchte stattdessen die Träger der Hochschulen – die Kantone und den Bund – mehr in die Pflicht nehmen. Sie müssten dafür sorgen, dass genügend Geld zur Verfügung stehe, damit diese ihre Aufgabe erfüllen könnten.

Die Initianten des Zürcher Appells verfolgten die Entwicklung weiter, sagt Müller: «Nicht dass wir in 50 Jahren aufwachen und merken: aus unseren Universitäten sind längst Unternehmen geworden.»

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kontext, 25.7.2017, 09:02 Uhr.

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