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Der Feind der Stinkwanze hat die Deutschschweiz erreicht
Aus Rendez-vous vom 23.08.2019. Bild: Tim Haye
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Gegenspieler gefunden Das wird der Stinkwanze stinken

Aufatmen! Seit einigen Wochen hat die Baumwanze aus China in der Schweiz einen natürlichen Feind. Auch er kommt aus dem Ausland.

«Hin und her und rundherum / Kriecht es, fliegt es mit Gebrumm.» Was Wilhelm Busch vor bald 160 Jahren über die Maikäfer schrieb, gilt heute für die marmorierten Baumwanzen.

Überall findet man sie: Auf dem Birnbaum, auf den Tomaten, auf dem Balkon und im Winter sogar auf dem Büchergestell. Wenn Max und Moritz heute ihre Streiche spielten, sie würden auf die marmorierte Baumwanze zurückgreifen. «Doch die Käfer – kritze, kratze! / Kommen schnell aus der Matratze.»

Bild von Wilhelm Busch: Max und Moritz schütteln Maikäfer aus einem Baum.
Legende: Max & Moritz und ihre Maikäfer: Heute würden sie Stinkwanzen aus den Bäumen schütteln. Getty Images

Ungebremste Vermehrung

Ekelhaft. Zumal die Wanzen auch noch stinken, wenn man drauftritt. Doch nüchtern betrachtet handelt es sich einfach um eine weitere von uns Menschen verschleppte Tierart.

Problematisch ist sie nur, weil sie sich hier im Westen bisher ungebremst vermehren konnte. Denn bisher hatte sie keine natürlichen Gegenspieler.

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Stinkwanze ist in der Schweiz auf dem Vormarsch
Aus 10 vor 10 vom 22.07.2019.
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Schäden – auch in der Schweiz

So konnte die Baumwanze aus China zuerst in Georgien einen Drittel der Haselnussernte vernichten und dann in den USA die Hälfte der Pfirsiche und in Norditalien die Hälfte der Birnen anstechen.

«Auch hier in der Schweiz«, sagt der Insektenforscher Tim Haye, «hatten wir im Gewächshaus bei den biologisch angebauten Peperonikulturen Schäden im fünf- bis sechsstelligen Bereich.»

Hunderttausende von Franken mussten sich die Schweizer Obst- und Gemüsebauern also schon ans Bein streichen.

Gesucht: Gegenspieler

Tim Haye ist weltweit einer der bestinformierten Experten für die marmorierte Baumwanze. Der Insektenkundler arbeitet am international tätigen Forschungsinstitut Cabi in Delémont.

Seit Jahren erforscht er die Ausbreitung der Baumwanze und untersucht im Labor mögliche natürliche Gegenspieler. Jetzt hat er einen davon zum ersten Mal auch nördlich der Alpen gefunden: Die Samuraiwespe, eine kleine Schlupfwespe aus Asien, die vermutlich ebenfalls eingeschleppt worden ist.

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Mit Schlupfwespen gegen Stinkwanzen – kommt das gut?
aus Treffpunkt vom 27.08.2019. Bild: zvg Tim Haye Cabi
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Sie ist der Hauptgegenspieler der marmorierten Baumwanze. «Wir waren überrascht, dass wir die jetzt schon in Zürich und Basel gefunden haben», sagt Tim Haye, «letztes Jahr haben wir sie im Tessin gefunden, aber wir hatten nicht erwartet, dass sie so schnell den Weg über die Alpen findet.»

Schneller Effekt

Die nur zwei Millimeter kleine Schlupfwespe riecht die Eier der Wanzen. Sie setzt sich auf ein Ei nach dem andern, sticht mit ihrem Legestachel hinein und legt ihre eigenen Eier in die Eier der Wanze. Die Larven der Samuraiwespe fressen dann die Eier der Wanze von innen her auf. In China werden so mehr als die Hälfte aller Baumwanzeneier befallen.

Können also bald auch in der Schweiz Bauern und Hobbygärtnerinnen aufatmen? «Ich erwarte, dass die Einwanderung der Samuraiwespe innerhalb von zwei bis drei Jahren einen deutlichen Effekt hat. Denn momentan breitet sich diese kleine Schlupfwespe erstaunlich schnell aus.»

Damit findet die ausserordentlich starke Vermehrung der gefrässigen Baumwanze also wohl bald ein Ende. Oder um mit Wilhelm Busch zu sprechen: «Guckste wohl, jetzt ist’s vorbei / Mit der Käferkrabbelei!»

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