Zum Inhalt springen

Header

Video
Der Luchs als Forstgehilfe
Aus nano vom 01.03.2018.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 2 Sekunden.
Inhalt

Wiederansiedlung von Luchsen Der Luchs hilft dem Wald und ärgert die Jäger

  • In Schweizer Wäldern werden versuchsweise wieder Luchse angesiedelt.
  • Die Raubtiere reduzieren den Bestand von Rehen. Davon profitiert die Weisstanne, die oft von Rehen angeknabbert wird.
  • Jäger begrüssen zwar die Luchse, sehen sie aber auch als Konkurrenz. Je mehr Rehe die Raubtiere erlegen, desto weniger können sie schiessen.

Der Klimawandel wird den Schweizer Wald verändern. Besonders hart wird es die Fichte treffen, die bisher wirtschaftlich wichtigste Baumart in unseren Wäldern.

An ihre Stelle könnte nach Meinung von Forstwissenschaftlern und Ökologen unter anderem die Weisstanne treten. Sie ist deutlich resistenter gegen Hitze und längere Trockenheit als die Fichte.

Der Luchs kommt zurück

Doch die Weisstanne ist nicht nur bei Menschen begehrt. Rehe lieben die zarten Triebe junger Weisstannen und knabbern sie oft und gerne an. Ist dieser Verbiss zu stark, wächst das Bäumchen nicht mehr richtig oder stirbt ab. Besonders problematisch wird der Wildverbiss in Wäldern mit einem hohen Bestand an Rehen – in der Schweiz also fast überall. Doch es gibt Ausnahmen.

In einem fast 500 Quadratkilometer grossen Waldgebiet am Walensee, das sich über Teile der Kantone St. Gallen, Thurgau und Zürich erstreckt, wurden 2001 wieder Luchse angesiedelt.

Ein Luchs sitzt hinter einem Baumstamm.
Legende: Luchse fühlen sich wohl im Schweizer Wald – und werten ihn auf. Keystone

Von Anfang an waren Forscher den Raubkatzen auf der Spur. Sie dokumentieren seither die Entwicklung der Population und deren Jagdverhalten. Die Luchse fühlen sich wohl und finden mit Rehen und Gämsen jagdbares Wild. Ihr Bestand entwickelt sich positiv.

Sendehinweis

Box aufklappen Box zuklappen

Auf leisen Pfoten: Die Rückkehr der Luchse

SRF zwei, Freitag, 02.03.2018, 22:00 - 22:35 Uhr

Es ist ein teurer Umzug: Für die Umsiedlung von insgesamt 20 Luchsen in den Pfälzerwald werden fast drei Millionen Euro investiert. Dabei ist die Wiederansiedlung durchaus umstritten. Nicht nur die hohen Kosten, auch schlechte Erfahrungen aus Bayern lassen das rheinland-pfälzische Wiederansiedlungsteam sehr behutsam vorgehen.

Weniger Rehe, mehr gesunde Tannen

In einem anderen Forschungsprojekt wertete die Ökologin Jasmin Schnyder aufgrund der jährlichen Schätzungen der Jäger die Reh- und Gämsenbestände aus. Sie verglich die Zeit vor und nach der Wiederansiedlung der Luchse.

Dabei stellte Jasmin Schnyder fest: Seit der Wiederansiedlung der Raubkatzen gehen die Bestände an Rehen und Gämsen zurück. Im untersuchten Zeitraum signifikant – um fast 30 Prozent.

Gleichzeitig beobachten die Förster der Region, dass der Wildverbiss an Weisstannen ebenfalls rückläufig ist. Jasmin Schnyder errechnete aus den Daten der Förster, dass der Wildverbiss an Weisstannen durch Rehe und Gämse von 32 auf 18 Prozent zurückgegangen ist

Konkurrenz für die Jäger

Förster begrüssen diese natürliche Unterstützung für die Artenvielfalt des Waldes. Zumal nicht nur die Weisstanne, sondern auch andere Baumarten wie der Bergahorn vom Rückgang des Wildverbisses profitieren.

Doch der Rückgang des Rehbestandes ärgert die Jägerinnen und Jäger, die ihrerseits durch Hege und Pflege einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Schweizer Wälder leisten.

Sie unterstützen zwar die Ansiedlung von Luchsen aus ökologischen Gründe. Gleichzeitig bekommen sie aber immer weniger Rehe vor die Flinte und sind entsprechend frustriert. Jasmin Schnyder ist selbst Jägerin: «Für die Jäger gibt es jetzt weniger Ertrag, was sich auch finanziell auswirkt. Daher sehen gewisse Jäger den Luchs als Konkurrenz.»

Kein Wunder: Bis zu 50 Rehe reisst ein erwachsener Luchs pro Jahr. Bei vermutlich 35 Raubtieren im Forschungsgebiet am Walensee kommen damit jährlich etwa 1500 gerissene Rehe zusammen, schätzt Dominik Thiel, Leiter des St. Galler Amtes für Natur, Jagd und Fischerei.

Schweizer Modell macht Schule

Wenn die Luchs-Population zu gross wird, müssten womöglich einige Tiere zum Abschuss freigegeben werden. Vorher sollen sie daher eingefangen und in andere Waldgebiete Europas umgesiedelt werden, die ebenfalls ein Problem mit zu grossen Rehbeständen haben.

Im Lauf des Jahres 2018 sollen erste Luchse vom Walensee im Pfälzerwald in Deutschland ausgewildert werden. Das Schweizer Konzept, den Wald mit gemeinsamer Unterstützung von Jägern und Luchsen zu schützen, könnte künftig europaweit Schule zu machen.

Sendung: nano, 1.3.2018, 10 Uhr

Meistgelesene Artikel