In den letzten Monaten war es kalt wie seit Jahren nicht mehr. Der April war an vielen Orten der kälteste seit 20 Jahren. Der Mai war stellenweise der kälteste seit 1987, und auch die ganze Frühjahressaison war lokal so kalt wie seit 1987 nicht mehr. Zusammen mit einer eher verhaltenen zweiten Jahreshälfte 2020 wirkt sich nun die Abkühlung auch auf die gleitende Jahresmitteltemperatur aus.
Rückgang um 1,3 Grad
Vergleicht man die Periode Juni 2020 bis Mai 2021 mit der Periode Juni 2019 bis Mai 2020, so waren die letzten 12 Monate auf der Alpennordseite im Schnitt satte 1,3 Grad kühler als die 12 Monate zuvor. In Basel, Bern und Genf liegt die Differenz überall bei knapp 1,3 Grad und in Zürich beträgt die Differenz fast 1,5 Grad. Ganz krass ist die Situation auf dem Säntis mit einem Temperaturrückgang von mehr als 1,8 Grad oder in absoluten Zahlen von einer Durchschnittstemperatur von +0,92 Grad Ende Mai 2020 auf -0,91 Grad Ende Mai 2021. Auch im Süden ging das gleitende Jahresmittel von Ende Mai 2020 bis Ende Mai 2021 um mehr als 1 Grad zurück. In Lugano beträgt der Wert nicht ganz 1,1 Grad.
Gleitende Jahrestemperatur letztmals 2017 tiefer
Auf der Alpennordseite war die Temperatur über 12 aufeinanderfolgende Monate gesehen letztmals Ende September 2017 ähnlich tief und an den meisten Orten Ende Februar 2017 eindeutig tiefer. Auf dem Säntis lag das gleitende Jahresmittel letztmals Ende März 2018 tiefer. Im Süden ist es bedeutend länger her, dass letztmals der Durchschnitt von 12 Monate noch tiefer lag. In Lugano war der Wert im Februar 2014 letztmals eindeutig tiefer.
Kalenderjahr oder gleitendes Jahresmittel
In der Regel wird die durchschnittliche Jahrestemperatur immer am Ende des Kalenderjahres ermittelt, also am 31. Dezember. Dieser Termin ist aber rein zufällig und reine Definitionssache, aber kein Naturgesetz. Nach dieser Definition waren die Jahre 2018 und 2020 die bisher wärmsten in der Schweiz. In der Meteorologie wird häufig die Periode vom 1. Dezember bis zum 30. November des Folgejahres als Jahreswert verwendet. Dies mit der Absicht, dass alle 3 Wintermonate der gleichen Jahresperiode zugerechnet werden. Dies entstand auch ausser einer physikalischen Notwendigkeit. Die Schneebedeckung im Dezember wirkt sich in Hochgebirgsregionen und in den arktischen Gebieten unserer Erde oft auch auf die Temperatur der Folgemonate aus. Für einen Jahresmittelwert bzw. das gleitende Jahresmittel kann aber grundsätzlich jedes Zeitintervall über 365 aufeinander folgende Tage verwendet werden.
Äpfel und Birnen nicht vermischen
2018 war in Zürich das wärmste Kalenderjahr mit einer Mitteltemperatur von 11,1 Grad, gefolgt von 2020 mit einem Wert von 10,9 Grad. Die Rekorde für das gleitende Jahresmittel liegen allerdings deutlich höher. Die wärmsten 12 Monate in Folge waren in Zürich zwischen Juni 2006 und Mai 2007 mit einem Wert von 11,46 Grad. Dicht dahinter folgt die Periode von Juli 2006 bis Juni 2007. Es zeigen sich dabei die Abhängigkeiten des gleitenden Jahresmittels, haben doch die beiden Perioden 11 gemeinsame Monate. Die eigentlich zweitwärmste Phase ging in Zürich vor genau einem Jahr zu Ende. Von Juni 2019 bis Mai 2020 betrug die Durchschnittstemperatur 11,36 Grad. In Bern liegen die beiden Perioden Juni 06 bis Mai 07 und Juni 19 bis Mai 20 gemeinsam an der Spitze, und in Genf wurde genau vor einem Jahr das höchste gleitende Jahresmittel erreicht mit einem Wert von 12,58 Grad.
Talfahrt vermutlich beendet
Ende Juni dürfte das gleitende Jahresmittel vermutlich nicht mehr weiter sinken, war doch der Juni 2020 eher kühl, und die Schafskälte war im letzten Jahr sehr ausgeprägt. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Juni 2021 wärmer ausfällt als der Juni 2020, womit das gleitende Jahresmittel wieder etwas ansteigen würde.